29.10.2014: Geiseres del Tatio - San Pedro de Atacama - Wünderlich

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29.10.2014: Geyseres del Tatio - San Pedro de Atacama
Eigentlich kann man ja erwarten, in dieser Höhe und abgeschiedenen Lage ungestört schlafen zu können. Dummerweise ist das am Eingang zu den Geiseres del Tatio nicht so, denn der Strom für die Rangerstation wird von einem ziemlich laut ratternden dieselgetriebenen Generator erzeugt. Dieser Generator hat sich gestern Abend glücklicherweise um etwas Mitternacht abgeschaltet bzw. in den Stand by-Modus versetzt, rattert aber pünktlich um fünf Uhr früh wieder los. Das ist andererseits aber gar nicht mal so schlecht, denn so werden wir immerhin zuverlässig vor der Ankunft der ersten Tagesgäste wach. Die Geiseres del Tatio sind eine der touristischen Top-Attraktionen von Chile und werden dementsprechend stark besucht. Allerdings gibt es an den Geysiren keinerlei Hotels oder Lodges und es ist auch fast niemand so verrückt, hier oben zu zelten. Daher kommt ein großer Teil der Gäste im Rahmen von geführten Touren von San Pedro de Atacama aus zu den Geysiren. Diese Touren starten in aller Herrgottsfrühe im auf 2400 Meter gelegenen San Pedro - dann wird halsbrecherisch zu den Geysiren gebrettert, um noch vor dem Sonnenaufgang anzukommen. Dann - die Luft ist noch von der Nacht her besonders kalt - kommt der Dampf der Geysire besonders gut zur Geltung. Gerade als wir kurz vor sechs Uhr beraten, wann wir aufstehen sollen - der Sonnenaufgang ist um kurz vor sieben -  hören wir, wie sich das erste Auto mit Tagesbesuchern nähert. Also schnell das Zelt abgebaut und verstaut sowie im Waschraum der Rangerstation fertig gemacht. Inzwischen sind mehrere Tourbusse eingetroffen und es ist leicht surreal, sich die Zähne zu putzen, während sich nebenan Tourgäste nach zwei bis drei Stunden Fahrt erleichtern.

Das Geysirfeld liegt sehr beeindruckend in einem Talkessel und ist früh morgens wirklich sehr beeindruckend. Allerdings gibt es nur wenige echte Geysire, stattdessen sehr viel mehr Fumarolen, Dampffontänen bzw. Blubberpools. Und selbst bei den wenigen Geysiren versteckt sich der recht mickrige Wasserstrahl zumeist in einer enormen Dampffontäne. Die Lufttemperatur ist im Schatten der umliegenden Berge bitter kalt. Hier kann es helfen, sich in den äußeren Bereich der Dampfwolken zu stellen - auf diese Idee kommt auch die Tierwelt: wir sehen mehrere Möwen, die sich genüsslich im heißen Wasser aufwärmen. Wir schauen uns ausgiebig um und sind neben dem eigentlichen Naturwunder sehr beeindruckt von der schieren Anzahl an Leuten, die zu so früher Stunde hier hochgeschafft werden.


Geiseres del Tatio

Über weite Strecken des Geysirfeldes sind Wege markiert - eine sinnvolle Einrichtung. Denn hier sind schon Touristen zu Tode gekommen, als sie sich den Quellen zu sehr näherten, durch die dünne und brüchige Erdoberfläche einbrachen und direkt im kochenden Wasser landeten. Aber solche Geschichten hindern auch heute einige Helden nicht, kreuz und quer abseits der markierten Gegenden herumzustapfen. Wir bewegen uns langsam bis an Ende des Geothermiegebiets, fahren noch ein gutes Stück eine recht rumpelige Straße auf einen Hügel, von wo aus wir einen schönen Überblick auf die Geysire haben. Hier suchen wir uns ein gemütliches Plätzchen und frühstücken ausgiebig. Unsere Getränke allerdings sind nur bedingt verzehrfertig: Obwohl wir die Flaschen mit ins Zelt genommen hatten, ist die Flüssigkeit teilweise gefroren.


Geysire im Gegenlicht


Geysirfeld von oben

Als um etwa 9 Uhr die Anzahl an Besuchern langsam abnimmt und wir uns auch satt geschaut haben, machen wir uns langsam auf den Rückweg. Allerdings halten wir noch auf halber Strecke entlang der Geysire an einer ganz besonderen Attraktion, und zwar dem hiesigen Heißwasserpool. Im Gegensatz zum winzigen gemauerten Becken von Puchuldiza handelt es sich hier um ein richtiges kleines Schwimmbad mitsamt Umkleidekabinen. Wir stürzen uns ins Nass - das warme Wasser tut nach der eisigen Nacht besonders gut. Dem Becken wird über eine einzelne Leitung heißes Wasser zugeführt. Es ist sehr interessant, wie sich im Wasser des Beckens Wirbel unterschiedlicher Temperatur - von recht kalt über lauwarm zu extrem heiß ausbilden. Dementsprechend sammeln sich auch die Badegäste an den Stellen mit der angenehmsten Temperatur. Nach ausgiebigem Bad brechen wir auf, Richtung San Pedro de Atacama. Unser Gesamteindruck von den Geiseres del Tatio ist zwiespältig. Einerseits ist dieses geothermische Gebiet sehr schön - andererseits haben uns die Geysire von Puchuldiza besser gefallen. Vor allem, da El Tatio extrem überlaufen ist. Wir sind froh, dass wir diese Gegend auch am Abend, ohne allzu viele andere Menschen, erleben durften.


Bad in der Thermalquelle

In Internetforen hatten wir Schauergeschichten über schwierige Straßenverhältnisse und schwindelnde Abgründe entlang der Straße nach San Pedro gelesen und sind überrascht, dass sich zumindest die von uns gewählte Route über Machuca als gut zu fahrende Straße aus nahezu perfektem Estabilizado (das ist eine asphaltähnlich gewalzte Graveloberfläche) entpuppt. Wir fahren vorbei am schönen Bofedal de Potana, mit vielen Tieren - hauptsächlich Alpakas und Vicunas, der Ortschaft Machuca mit seiner typischen Hochandenkirche und der beeindruckenden Schlucht des Rio Grande. Hier sehen wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Säulenkakteen. Über die Berge am Horizont spitzt der Licancabur - der 5920 Meter hohe Hausberg von San Pedro de Atacama - mit seiner perfekten Vulkanform.


Seen vor der Andenkette


Grasende Vicunas

Da wir uns früher als geplant San Pedro nähern, fahren wir nicht direkt in die Stadt, sondern nehmen kurz vorher eine kleine Querstraße zu den Ruinen von Quitor. Diese Festungsanlage wurde um etwa 1300 von der präkolumbianischen Atacamakultur errichtet. Mitte des 15ten Jahrhunderts wurde diese Gegend Teil des Inkareichs - aber auch die Inka konnten nichts gegen den Expansionsdrang der Spanier ausrichten: Im 16ten Jahrhundert wehrten sich die Bewohner der Pukara de Quitor erbittert - aber letztendlich erfolglos - gegen die Angriffe der Eroberer unter Diego del Almagro. Ein paar Schautafeln informieren über die Geschichte der Atacama-Indianer allgemein und über Quitor im speziellen. Nebenan führt ein kurzer Wanderweg entlang der Ruinen, welche sich abenteuerlich einen Berghang hochziehen. Wir laufen diesen Weg ab und bewundern den Blick auf die recht gut erhaltenen Gebäude der Ruinenanlage - welche allerdings vor gerade einmal 35 Jahren teilweise restauriert wurden. Neben uns ist auch ein Kindergarten- oder Grundschulausflug unterwegs. Als wir den kurzen Weg zu den Ruinen beenden, kommen die Kinder gerade einen zweiten Wanderweg herunter, der mit "Mirador", also Aussichtspunkt, beschriftet ist. Das macht uns neugierig.


Ruinenstadt Quitor

Also laufen wir los. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem ausgeschildeten Mirador nicht um einen Aussichtspunkt auf die Quitor-Ruinen, denn diese lassen wir schnell unter uns. Wir befinden uns auf einer richtigen kleinen Wanderung - selbst als der scheinbare Gipfel erreicht ist, geht es noch ein Stück weiter auf einen leicht versetzt stehenden noch höheren Gipfel, versehen mit einem riesigem Gipfelkreuz. Dieses Kreuz und die umgebende Anlage erinnern an die letzten Indianer, die sich hier oben verzweifelt gegen die Unterwerfung durch die Spanier gewehrt haben. Die Aussicht, die sich uns auftut, zeigt San Pedro de Atacama als grüne Oase in einer hellbraunen Wüste, am Horizont die hohen Berge der Anden, am prominentesten natürlich der Licancabur. Direkt neben San Pedro sehen wir die zerklüfteten Formen der Cordillera del Sal mit dem berühmten Valle de la Muerte.


Salzstrukturen in der Cordillera del Sal

Wir fahren weiter nach San Pedro und finden ein sehr nettes und gemütliches Städtchen vor - allerdings stark touristisch geprägt und überlaufen. Die Häuser bestehen überwiegend aus Adobe. Da die Bewohner - und die meisten der Besucher - tendenziell auch ein klein wenig alternativ eingestellt sind, erinnert die Grundstimmung ein wenig an Santa Fe in den USA. Unser vorgebuchtes Hotel ist schnell gefunden und wir dürfen, trotz der frühen Stunde, auch schon einchecken. Das Zimmer ist super schön, mit einem tollen Bad inklusive riesiger Dusche. Wir gönnen uns eine kurze Ruhepause und brechen dann auf zu einer Rundfahrt zu den Seen im Salar de Atacama, dem großen Salzsee südlich von San Pedro de Atacama. Der Salar de Atacama ist mit über 3000 Quadratkilometern der größte Salzsee Chiles. Zum Großteil besteht seine Oberfläche aus Salzverbindungen, welche nicht - wie man sich das vorstellt - blendend weiß sind, sondern bräunlich oder grau. Die Gegend erinnert uns wechselweise an Landschaften auf dem Mond oder den Mars. Wenn man sich die Oberfläche aus der Nähe anschaut, findet man faszinierende Strukturen und Salzgebilde. In dieser großen Salzfläche befinden sich einzelne Lagunen - als Naturschutzgebiete ausgewiesen.

Die Lagunen sind wunderschöne blaue bzw. türkisfarbene Oasen inmitten der braungrauen Fläche des Salzsees. Die Infrastruktur ist gut: Es gibt überall ein Rangerhäuschen und z.B. an der Laguna Cejar bzw. der direkt danebengelegenen Laguna Piedra, die wir zunächst ansteuern, gute Duschen und Waschmöglichkeiten. Einzig die Zufahrt über kurze Stichstraßen gestaltet sich teilweise - wie wir es von Chile inzwischen gewöhnt sind - ein wenig rumpelig. Auf der Oberfläche der Lagunen spiegeln sich auf beeindruckende - manchmal sogar irreal wirkende Art - die Gipfel der im Osten stehenden Andenvulkane. Wir sehen zunächst jede Menge kleiner Vögel und sind zunächst enttäuscht, als sich die Anzahl der gesichteten Flamingos doch sehr in Grenzen hält: An der Laguna Cejar gab es einzelne Exemplare, an der 11 Kilometer entfernten Laguna Tebinquinche zeigt sich dagegen kein einziger dieser Vögel - die hier eigentlich besonders häufig sein sollen.


Laguna Cejar


Laguna Tebinquinche mit Licancabur

Um zur am südlichsten gelegenen Lagune zu kommen, müssen wir ein Stück auf der Ruta 23 nach Süden zurücklegen. Östlich von uns liegen die Zufahrten zu den beiden Pässen nach Argentinien, den Paso Jama und den Paso Sico, die wir im weiteren Verlauf unserer Reise beide noch befahren wollen. Zudem kommen wir an der Stichstraße zum ALMA vorbei, dem Atacama Large Millimeter Array. Dieses weltgrößte Radioteleskop, bestehend aus 66 einzelnen Antennen, ist ein europäisch-amerikanisch-japanisches Gemeinschaftsprojekt und wurde 2011 in Betrieb genommen. Die Zufahrtsstraße zu dem auf etwa 5000 Meter Höhe gelegenen Teleskop ist eine der höchsten asphaltierten Straßen der Welt.

Wir legen eine kurze Pause in der kleinen Ortschaft Toconao ein und schauen uns um. Es gibt eine schöne Innenstadt mit netten Steingebäuden. An der Plaza steht die Kirche San Lucas mit ihrem separaten Glockenturn (der Turm wurde 1750 errichtet, die Kirche wohl einige Jahre früher). Wie wir es schon in anderen Ortschaften beobachtet haben, wurde auch beim Bau dieser Kirche stark auf Kaktusholz mit seiner einzigartigen Maserung als Baumaterial zurückgegriffen. Ehe wir aufbrechen, machen wir noch einen kurzen Abstecher zur vom Fluss Jerzez gegrabenen Schlucht. Neben uns sind viele andere Touristen unterwegs - nach den einsamen Tagen auf dem Altiplano fast ein kleiner Kulturschock für uns. Ein paar Kilometer südlich von Toconao biegen wir auf eine kleine nach Westen und auf den Salar de Atacama führende Straße ab, welche uns zur 27 Kilometer entfernten Laguna Chaxa führt. Hier laufen wir einen sehr interessanten Lehrpfad durch die Mondlandschaft ab und kommen denn zur Lagune. Die nun folgenden Stunden entschädigen mehr als ausreichend für die bisher ausgebliebenen Flamingos, denn die Laguna Chaxa ist ein absolutes Paradies für alle Tierfreunde: Neben jeder Menge Flamingos (wir erkennen Andenflamingos und Chileflamingos) sehen wir viele unterschiedliche andere Wasservögel (u.a. Möwen und freche Regenpfeifer) und viele Eidechsen. Die Sonne steht schon tief und kurz vor dem Sonnenuntergang treffen in einer wahren Karawane viele Tourbusse ein. Waren die Geiseres del Tatio eine Top-Destination für den Sonnenaufgang, so ist die Laguna Chaxa einer der beliebtesten Plätze in der Gegend von San Pedro de Atacama, um sich den Sonnenuntergang anzuschauen. Wir fahren zurück nach San Pedro, essen in einem der zahlreichen Restaurants gut zu Abend und gehen dann ins Bett.


Kirche in Toconao


Flamingo in der Laguna Chaxa
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