23.10.2014: Iquique - Codpa - Wünderlich

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23.10.2014: Iquique - Codpa
Aufgrund von Katharinas muschelhaltigem Abendessen und des in der Folge verrenkten Magens kommen wir ein wenig später als gewöhnlich aus dem Bett. Immerhin sind wir beide in der Lage zu frühstücken - und das heutige Hotelfrühstück ist wirklich gut. Wir packen unser Gepäck zusammen und brechen auf. Um die Stadt zu verlassen, müssen wir lediglich der Straße an der unser Hotel liegt ein paar Blöcke folgen und dann nach rechts auf die Manuel Bulnes abbiegen. Diese führt zur Ausfallstraße zur Ortschaft Alto Hospicio, welche auf einem Hochplateau direkt oberhalb von Iquique liegt. Präsentierte sich Iquique gestern an der Promenade und in den Bereichen an und um die Fußgängerzone noch sehr aufgeräumt und mondän, so landen wir nun in einem stressigen und sehr mediterran wirkenden Knäuel von Motorrädern und Autos. Auch die Gebäude links und rechts der Straße könnten so auch irgendwo ganz im Süden Italiens stehen. Wir sind froh, als wir heil auf der steil ansteigenden Straße nach Alto Hospicio angekommen sind. Der Blick von hier auf Iquique und den Cerro Dragon, die berühmte hinter der Stadt liegende Sanddüne, ist phänomenal. Leider gibt es entlang der Straße keine Gelegenheit zum Anhalten und Schauen - das wollen wir von ganz oben nachholen - hier gibt es normalerweise einen Aussichtspunkt. Naja, normalerweise heißt, wenn nicht aktuell die Verbindung zwischen Iquique und der Panamericana autobahnähnlich ausgebaut werden würde. Der Baustelle ist die Ausfahrt zum Aussichtspunkt zum Opfer gefallen, so dass wir mit großem Bedauern auf einen letzten Rückblick auf Iquique verzichten müssen.


Morgenstimmung in Iquique

Unser wichtigster To Do-Punkt für heute ist die Vorbereitung auf die anstehenden Etappen auf das Altiplano, auf dem es so gut wie keine Tankstellen gibt. Daher wollen wir uns zusätzlich zum schon vorhandenen Exemplar noch einen zweiten Ersatzkanister anschaffen. Aufgrund der schon erwähnten Baustelle ist in Alto Hospicio die Hölle los und wir brauchen einige Zeit, bis wir uns zu der in unserem Copec-Atlas eingezeichneten Filiale dieser Tankstellenkette durchgequält haben. Diese Tankstelle besitzt - wie so gut wie alle ihrer Geschwister in Chile - keinen gescheiten Zubehörshop. Im Tankstellenladen gibt es nur Snacks und Getränke. Nach einigem Suchen finden wir allerdings Reservekanister direkt neben den Zapfsäulen, so dass wir diesen Punkt erfolgreich abhaken können. Wir fahren weiter auf der Ruta 16 Richtung Osten und kommen kurz vor der Kreuzung dieser Straße mit der Panamericana - etwa 50 Kilometer hinter Iquique - an den Überresten zweier großer Salpeterminen vorbei - die Oficinas Salitreras Humberstone und Santa Laura. Beide sind in der UNESCO-Liste der Weltkulturerbe aufgelistet. In dieser Gegend erlebte der Salpeterabbau Ende des 19. Jahrhunderts seine Blütezeit - in Humberstone und Santa Laura lebten damals zusammengenommen 4000 Personen. Der Handel mit dem abgebauten Salpeter machte Iquique zur reichen Stadt. Erst nachdem Fritz Haber und Carl Bosch ein Verfahren zur künstlichen Herstellung von Düngemittel entwickelt hatten, brach der Salpeterhandel in den 30er-Jahren des 20ten Jahrhunderts stark ein. Die Salitreras wurden noch einige Jahre weiter betrieben, aber um 1960 mussten in Humberstone und Santa Laura die Tore für immer geschlossen werden.


Salpetermine Santa Laura

Bei der Salitrera Santa Laura handelt es sich um die etwas weniger bekannte und deutlich kleinere der beiden Anlagen. Hier kann man die Anlagen, in denen das Salpeter aufbereitet wurde, näher anschauen. Alles ist didaktisch gut aufbereitet und erklärt. Besonders fasziniert sind wir, wie gut die Gebäude und Anlagen in der trockenen Wüstenluft erhalten geblieben sind - auch wenn sicherlich an der einen oder anderen Stelle ein wenig nachbereitet bzw. ausgebessert wurde. Höhepunkt ist die riesige zentrale Aufbereitungshalle, die mit dem großen Schornstein und dem nur noch teilweise vorhandenen Dach wie ein großes Raumschiff in der Mitte der Siedlung sitzt.


Alte Maschine in Santa Laura

Die Salitrera Humberstone ist nur etwa eineinhalb Kilometer von Santa Laura entfernt. Diese Anlage ist deutlich größer - es handelt sich um eine richtige kleine Stadt mit Theater, Kino, Markt, Schwimmbad, Schule und vielen mehr. Man merkt deutlich, dass der Salpeterabbau sehr viel Geld eingebracht hat. Wobei das nicht bedeuten soll, dass der allgemeine Luxus herrschte. Wir sind beeindruckt und leicht erschrocken zugleich, als wir sehen, wie unterschiedlich die Wohnungen der einfachen Arbeiter und diejenigen der Führungsebene und der Ingenieure aussagen: Während erstere in winzigen Zimmern, fast schon Gefängniszellen, eingepfercht waren, hatten letztere für sich und ihre Familien riesige Luxusvillen zur Verfügung.


Arbeiterbaracken in Humberstone

Unser schon in Santa Laura gewonnener Eindruck, dass an der historischen Bausubstanz gerne auch mal ein wenig renoviert wird, verstärkt sich hier ins Extreme: An einigen Stellen wird fröhlich gebaut, zum Beispiel nagelneue Stützwände aus Beton. Wie sich solche Baumaßnahmen mit dem Status als UNESCO-Weltkulturerbe vertragen, können wir nicht einschätzen. Wir schauen uns länger um und fahren dann weiter.


Plaza von Humberstone mit dem Theater


Die Salpeter-Aufbereitungsanlage von Humberstone

An der Panamericana, der Ruta 5, nur etwa 500 Meter hinter Humberstone, biegen wir zunächst nach Süden ab, in Richtung der kleinen Ortschaft Pozo Almonte. Hier füllen wir den Tank unseres Autos sowie die beiden Reservetanks randvoll auf und fahren mit insgesamt etwa 100 Litern Diesel an Bord zurück in Richtung Norden. 33 Kilometer nördlich von Pozo Almonte, in der Ortschaft Huara machen wir einen kurzen Abstecher nach Osten auf der nach Colchane und weiter nach Bolivien führenden Ruta 15. Dieser folgen wir etwa 14 Kilometer und biegen dann für noch etwa 1.5 Kilometer nach links auf eine kleine Schotterstraße ab. So kommen wir zum Hügel Cerro Unita, auf dem es eine große präkolumbianische Geoglyphe gibt, den Gigante de Atacama. Diese wurde irgendwann zwischen 1000 und 1400 nach Christus geschaffen und stellt wohl eine Gottheit der damaligen Einwohner dieser Gegend dar. Mit 119 Meter Größe ist sie die größte bekannte präkolumbianische Darstellung einer menschlichen Gestalt. Da die um den Cerro Unita herumführende Straße aufgrund von Bauarbeiten gesperrt ist, können wir uns die neben dem Gigante de Atacama vorhandenen Geoglyphen nicht anschauen und fahren nach einiger Zeit wieder zurück zur Panamericana.


Der Gigante de Atacama

Diese führt zunächst einige Zeit durch eine flache und sehr langweilige Wüstengegend. Links am Horizont sehen wir einige Hügel und rechts in großer Entfernung die Anden. Auf einmal tauchen vor uns grüne Pflanzen auf und bald darauf fahren wir durch einen lichten Wald bestehend aus niedrigen Bäumen. Hierbei handelt es sich um den nördlichen Teil der Reserva Nacional Pampa del Tamarugal. Bei den Bäumen handelt es sich um Tamarugos, deren Wurzeln bis zu 40 Meter tief reichen können. Somit sind diese Bäume ideal auf das Leben hier in der Wüste vorbereitet. Früher waren weite Teile der hiesigen Wüste (etwa 300000 Hektar) mit Tamarugo-Wäldern bedeckt. Dann kam der Salpeteranbau und die Wälder wurden gnadenlos abgeholzt. Die heute in der Reserva Nacional Pampa del Tamarugal wachsenden Bäume - auf einer Fläche von insgesamt 30000 Hektar - sind künstlich angepflanzt. Kurz hinter der Reserva Nacional Pampa del Tamarugal wird die Wüste von mehreren unterschiedlich tiefen Quertälern durchschnitten. Die Panamericana führt jedes Mal in das Tal hinein, bis hinab zum grün mit vielen Pflanzen bewachsenen Talgrund und auf der anderen Seite wieder hinaus. Nach dem ersten dieser Quertäler, der Quebrada de Tilviche verlassen wir die Straße und rumpeln ein paar hundert Meter zu einem Aussichtspunkt auf die gegenüberliegende Seite des Tals. Auf den ersten Blick gesehen ist der Blick dorthin nicht gerade sehr spektakulär, aber der Witz liegt im Detail: Wir sehen direkt auf eine Ansammlung von Felszeichnungen - insgesamt 55 Meter breit - welche eine Herde von Lamas mitsamt ihren Hirten zeigen. Der ursprüngliche Zweck dieser Installation ist nicht ganz klar, eventuell handelt es sich um eine Art Wegweiser für Lama-Karawanen, die auf dem Weg über die Anden in Richtung Pazifik waren.


Geoglifos de Tiviliche

Das zweite Quertal - die Quebrada de Tana unterscheidet sich nicht sehr von der Quebrada de Tilviche, aber das dritte - die Quebrada de Chiza - ist riesig. Es ist faszinierend, wie die Straße entlang der steilen Talwände langsam nach unten führt. Hier gibt es auch wieder Felszeichnungen, die Geoglyphos de Chiza, direkt neben der Straße gelegen und aus einiger Entfernung gesehen deutlich eindrucksvoller als direkt aus der Nähe betrachtet.


Geoglifos de Chiza

Bei der Ortschaft Cuya müssen wir durch eine Polizeikontrolle und direkt danach führt die Panamercana steil bergauf heraus aus dem Tal und wieder zurück auf die Hochebene. Hier ist die Straße frisch ausgebaut, mit jeder Menge Überholspuren und Parkmöglichkeiten. Oben angekommen ist es nicht mehr weit bis zur Abzweigung nach Codpa, unserem heutigen Tagesziel. Laut unserem Copec-Atlas befindet sich die nächste Tankstelle dieser Kette am Meilenstein 2050 der Panamericana - das ist gerade mal 43 Kilometer entfernt und noch deutlich vor Arica - der nächsten größeren Ortschaft. Ein paar Liter mehr Treibstoff als Reserve im Tank können auf den langen Etappen ohne Tankstellen auf dem Altiplano nicht schaden. Zudem sind wir früh dran und bisher sehr gut vorangekommen. Also entscheiden wir spontan, die 86 Kilometer Umweg in Kauf zu nehmen, und fahren weiter auf der Panamericana nach Norden. Und stehen schon nach wenigen Kilometern in einer Baustelle. Bis zur vermeintlichen Tankstelle brauchen wir daher deutlich länger als gedacht und finden zudem am Meilenstein 2050 nur Wüste. Blöd. Weiter geht's und nach noch einer sehr zeitraubenden Baustelle - diese ist nur in einer Fahrtrichtung zu befahren - erreichen wir die Ausläufer von Arica. Hier tanken wir auf und fahren wieder zurück zur Abzweigung nach Codpa - wo wir knapp zwei Stunden nach unserem ersten Besuch dort wieder ankommen.

Von hier aus folgen wir nun endlich der A-35 in Richtung Codpa. Diese führt zuerst immer nach Osten, mitten in die Vorgebirge der Anden. Die Straßenführung ist wunderschön und die Landschaft toll von der nun schon tief stehenden Sonne angestrahlt. Die Straße ist perfekt asphaltiert, wir kommen gut voran und Zeit kosten nur die zahlreichen eingelegten Stopps zum Staunen und Fotografieren.


Wüstenlandschaft an der Straße nach Codpa


Serpentinen hinab ins Valle de Codpa

Kurz vor Codpa macht die Straße einen großen Bogen, zunächst nach Norden und dann wieder zurück nach Westen. Als wir nur noch zwei Kilometer von Codpa entfernt sind und uns auf das Abendessen in der vorgebuchten Lodge freuen, wartet hinter einer engen Kurve eine böse Überraschung: Wieder mal eine nur einspurig und wechselseitig zu befahrene Baustelle. Der Bauarbeiter der mit einem Schild den Status der Baustelle anzeigt, kommt zu unserem Auto und teilt uns mit, dass wir etwa 30 Minuten warten müssen. Letztendlich werden es nur 25 Minuten Wartezeit - die fünf Minuten Ersparnis rufen in uns aber nicht unbedingt überschwängliche Freude hervor. Immerhin können wir nun den Grund der Verzögerung in Augenschein nehmen. Direkt oberhalb von Codba klebt die Straße abenteuerlich an einem senkrechten Felshang und hier wird an der Befestigung der Felsen gebaggert und gebohrt. Als wir schließlich in der Lodge eingecheckt haben, können wir von der Terrasse unserer Cabin aus die hoch über uns stattfindenden Bauarbeiten bewundern. Immerhin sind wir noch rechtzeitig da um ein sehr leckeres Abendessen zu bekommen. Danach bewundern wir den sehr intensiv leuchtenden Südsternhimmel und die davor fröhlich umherflatternden Fledermäuse und gehen dann ins Bett.


Abendstimmung in der Codpa Valley Lodge

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