06.11.2014: Calama - Salar de Pedernales - Wünderlich

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06.11.2014: Calama - Salar der Pedernales
Wir schlafen gemütlich aus und wollen dann auschecken. Bei dem Versuch des Auscheckens werden wir gefragt, ob wir denn nicht frühstücken wollen. Aber ja, gerne. Das ist eine freudige Überraschung, war dieses Hotel doch das einzige vorgebuchte im Verlauf unserer Reise, bei dem auf der Buchungsbestätigung ausdrücklich kein Frühstück erwähnt wurde. Letztendlich kommen wir somit nach dem Frühstück erst um 9 Uhr los - ein wenig spät für die heute angedachte sehr lange Etappe - aber wir haben auch kein fixes Ziel. Stattdessen wollen wir schauen, wie weit wir kommen und kurz vor der Dämmerung nach einem schönen Plätzchen für unser Zelt suchen. Aus Calama finden wir schnell heraus. Zum einen kennen wir uns nach dem Ausflug in die Innenstadt gestern Abend ja schon etwas aus, zum anderen ist auf den Straßen auch nicht sehr viel los.

Wir nehmen die Ruta 25 Richtung Antofagasta. Diese führt sehr gut ausgebaut recht eintönig durch die Wüste nach Südwesten. Etwa 45 Kilometer südlich von Calama kommen wir zur Mina Spence. Da direkt unterhalb des ursprünglichen Verlaufs der Ruta 25 ein größeres Erzvorkommen lag, schlägt die Straße hier einen großen Halbkreis nach Osten und mündet nach 16 Kilometern - südlich der Mine - wieder auf ihre alte Trasse. Etwa 113 Kilometer hinter Calama mündet die Ruta 25 in die Ruta 5 - die Panamericana. Hier biegen wir für ein paar Kilometer nach Norden ab. Das ist zwar eigentlich die falsche Richtung für unsere heutige Reiseroute. Aber wir wollen uns die historische Salpetermine Chacabuco anschauen, 5 Kilometer nördlich der Kreuzung von Ruta 25 und Ruta 5 fast direkt an der Straße gelegen. Wir haben im Verlauf unserer Reise zwar schon die zwei bekannten alten Salpeterminen bei Iquique gesehen, aber Chacabuco ist aus zwei Gründen etwas besonderes: Zum einen ist hier erheblich weniger Aufwand in die Restaurierung gesteckt worden als bei den beiden anderen Komplexen, so dass viel schöner zu sehen ist, wie der Zahn der Zeit auch in der Wüste an den alten Gebäuden nagt. Oft ist zum Beispiel die Vorderfront eines Gebäudes einfach nach vorne


Arbeiterbarracken in Chacabuco


Ruinen in Chacabuco

Und zum anderen hat dieses Gelände auch noch eine traurige zweite Geschichte. Der Salpeterabbau in Chacabuco wurde 1938 eingestellt - gerade mal 14 Jahre nach der Gründung der Anlage. Im Jahre 1971 wurde die Mine von Salvador Allende zum historisch bedeutsamen Ort Chiles erklärt. Jedoch nur zwei Jahre später, nach dem blutigen Militärputsch von Augusto Pinochet, wurde das Gelände von Chacabuco zum Lager für politische Gefangene umfunktioniert. Bis in das Jahr 1975 waren hier bis zu 1800 Häftlinge interniert. Um auch die kleinste Hoffnung auf Flucht zu zerstören wurde die umgebende Wüste - sowieso schon eine extrem überlebensfeindliche Gegend - auch noch vermint. Um sich etwas abzulenken, haben sich die Gefangenen eigene kleine Kirchen, Versammlungsorte und sogar eine Theatergruppe geschaffen. In einer Zelle - umfunktioniert zu einer Art Gebetsraum - sehen wir an der Wand ein sehr beeindruckendes Relief, welches eine echte Kirche zeigt. Am Eingang haben wir ein sehr informatives Heftchen über die Geschichte der Mine - inklusive der dunklen Stunden - ausgehändigt bekommen und erkunden einige Zeit lang das Gelände auf eigene Faust. Ein Besuch, der sich auf jeden Fall gelohnt hat.


Gefangenenkunst in Chacabuco

Zurück auf der Panamericana - dieses Mal in der richtigen Richtung unterwegs - kommen wir zuerst recht bald auf eine nagelneu zur Autobahn ausgebaute Ruta 5 und nur etwa 30 Kilometer hinter Chacabuco zur kleinen Ortschaft Baquedano. Hier wurde im Jahre 1910 ein Bahnhof an der Bahnlinie von Antofagasta nach Bolivien gebaut und im Laufe der Zeit entstand um diesen Bahnhof eine Ortschaft. Heute bietet diese Ortschaft hauptsächlich dem eisenbahninteressierten Besucher einiges: Es gibt ein Eisenbahnmuseum, dessen zentraler Bestandteil eine alte Wartungshalle mitsamt großer Drehscheibe ist. Wir stellen unser Auto ab und folgen den Schildern in Richtung Museum. Interessanterweise müssen wir nirgendwo Eintritt bezahlen. Das Museum macht auch nicht den Eindruck eines Museums, sondern wirkt eher wie ein Schrottplatz. Aber gerade das hat einen gewissen morbiden Charme und wir verbringen einige Zeit damit, uns die alten Dampflokomotiven und Waggons anzuschauen, die hier herumstehen.


Alter Lokschuppen in Baquedano

Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir am alten Bahnhof von Baquedano vorbei. Diesen Bahnhof hat wohl jeder James-Bond-Fan schon mal gesehen, denn hier wurde die Schlussszene von "A Quantum of Solace" gedreht. Im Film stellt der Bahnhof einen bolivianischen Bahnhof dar (übrigens wurde ein großer Teil der in Bolivien spielenden Szenen von "A Quantum of Solace" in Chile gedreht). Treppenwitz der Geschichte ist, dass wir uns in einem Teil Chiles befinden, welcher vor dem Salpeterkrieg 1884 tatsächlich zu Bolivien gehört hat. Aus diesem Grund sind sich die Bewohner dieser beiden Länder auch heute noch ziemlich spinnefeind. Als beim damaligen Filmdreh der Bürgermeister von Baquedano erfuhr, dass in seiner Ortschaft Statisten mit bolivianischen Uniformen rumlaufen, soll er wutentbrannt in sein Auto gestiegen und zum Drehort gerast sein - und dort fast Daniel Craig über den Haufen gefahren haben.


Bahnhof von Baquedano - bekannt aus James Bond

Ein paar Kilometer südlich von Baquedano kreuzen wir den südlichen Wendekreis - ein Ereignis, dem hier auch ein recht nettes Monument gewidmet ist. Nun verlassen wir die Tropen endgültig, zumindest für den Verlauf dieser Reise.


Zum letzten Mal überqueren wir den Wendekreis


Auf der Panamericana nach Süden

Wir fahren an Antofagasta vorbei, beziehungsweise den äußerst hässlichen Industrieflächen, welche dieser Stadt vorgelagert sind. Ab hier kennen wir den Verlauf der Route schon von vor sechzehn Tagen. Allerdings wollen wir nicht die gesamte Strecke vom Hinweg zurückfahren und biegen daher kurz vor der Mano del Desierto von der Panamericana ab und fahren weiter auf der Ruta B-70 (ein klein wenig weiter südlich wird diese Straße zur B-710). Die Strecke führt uns zunächst sehr abwechslungsreich durch ein breites Tal. Die Landschaft hier sieht irgendwie so aus, wie auf dem Mars. Links von uns sehen wir nach einiger Fahrtzeit in einiger Entfernung einen großen Berggipfel mit einer Fahrtstraße hinauf und deutlichen Spuren aktuell stattfindender Bauarbeiten wie große Baufahrzeuge und vom Wind davongewehte Staubfahnen. Hierbei handelt es sich um den 3064 Meter hohen Cerro Armazones und die Baustelle des E-ELT, des European Extremely Large Telescope - das zukünftig größte Spiegelteleskop der Welt. Auf unserem Weg nach Norden vor mehr als zwei Wochen war ja der Blick von der Panamericana auf diesen Gipfel von Vorbergen zugestellt gewesen.

Am aktuell größten Spiegelteleskop der Welt, dem Very Large Telescope (VLT), kommen wir wenig später übrigens auch noch vorbei. Dieses Teleskop steht auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal und kann durch eine asphaltierte und ziemlich steil in die Höhe steigende Stichstraße der Ruta B-710 erreicht werden. Wir fahren diese Stichstraße so weit es geht und freuen uns über die Schilder am Straßenrand, in denen man aufgefordert wird, die Lichter des Wagens auszuschalten bzw. abzublenden. Aus dem normalen Straßenverkehr in Deutschland kennt man ja eher Aufforderungen zum Einschalten des Lichts, aber im normalen Straßenverkehr kann man auch mit Streulicht der Lampen nicht sehr schnell wissenschaftliche Experimente ruinieren. Wir fahren bis zum Kontrollposten für das eigentliche Gelände des Teleskops, bewundern einige Zeit lang die auf dem Gipfel des Paranal stehenden vier großen Teleskopgebäude und drehen dann wieder um. Man kann das Teleskop auch besichtigen, aber dafür sind wir zum falschen Wochentag da: Die Touren finden jeden Samstag statt und um an einem Samstag hier zu sein, hätten wir in der Planungsphase unsere Route so sehr umbauen müssen, dass es an anderen Enden nicht mehr aufgegangen wäre.


Das Very Large Telescope auf dem Cerro Paranal

Etwa 37 Kilometer hinter der Abzweigung zum VLT taucht die Straße über jede Menge abenteuerliche Kurven und Serpentinen von 1500 Meter Höhe auf fast Meereshöhe ab. Dieser Streckenabschnitt ist extrem spaßig zu fahren, eine Meinung die die Fahrer der zahlreichen sich hier bergauf oder bergab quälenden LKW vermutlich nicht teilen dürften. Bei Paposo erreichen wir den tiefblauen pazifischen Ozean. Bis Taltal, fast 60 Kilometer weiter südlich, fahren wir nun auf einer tollen und sehr schönen Küstenstraße. Hier legen wir die eine oder andere Pause ein, um zum Stand zu laufen und das Meer zu beobachten. In Taltal tanken wir das Auto auf und decken uns mit Vorräten ein. Hinter Taltal löst sich die Straße wieder vom Ozean und stößt kurz darauf wieder auf die Panamericana. Nun sind wir wieder auf einem Stück Straße unterwegs, welches wir schon von vor 16 Tagen kennen. Die Strecke verläuft zwar immer noch durch die Wüste, nun aber deutlich bergiger und abwechslungsreicher als noch zuvor. Die Berge sind Ausläufer derjenigen im Parque Nacional Pan de Azucar.


An der Pazifikküste

Kurz vor der Ortschaft Chanaral - dem Eingangstor zum Parque Nacional Pan de Azucar - verlassen wir die Panamericana wieder und biegen nach Osten auf die asphaltierte und gut ausgebaute Ruta C-13 ab. Diese führt in Richtung der Ortschaft Diego del Almagro, durch interessante Berge uns dabei stetig nach oben. Waren wir auf der Panamericana noch auf 200 Meter Höhe über dem Meer unterwegs, sind es in Diego del Almagro schon 800 Meter und es geht immer weiter bergauf. Diego del Almagro ist benannt nach einem der bekanntesten spanischen Konquistadoren. Dieser eroberte in den Jahren 1524 bis 1535 zusammen mit Francisco Pizarro das Inkareich in Peru und erkundete später weite Landstriche im nördlichen Chile. Nach seiner Rückkehr aus Chile im Jahre 1538 wurde Diego del Almagro im Rahmen eines Machtkampfes mit Francisco Pizarro und seinem Bruder Hernando von diesen in Cuzco gefangen genommen und später hingerichtet. Nachdem wir in Diego del Almagro an einer Tankstelle vorbei kommen, tanken wir vor der morgigen sehr langen Etappe sicherheitshalber den Pick-Up nochmal voll.

Hinter Diego del Almagro taucht die Straße in ein sehr interessantes Tal ab, fast schon eine Schlucht. Links und rechts der Straße stehen sehr schroffe Felsen in allen möglichen Farben. Da die Sonne nun schon tief steht, kommen diese besonders gut zur Geltung. Auf Höhe der Minenstadt Porterillos - etwa 9 Kilometer südlich von uns gelegen - biegen wir nach Norden ab und fahren in zwei großen Serpentinen sehr abenteuerlich einen etwa 45 Grad steilen Hang an der Nordseite des Tals hinauf.


Serpentinen bei Potrerillos

Ab hier ist die Straße nicht mehr asphaltiert. Der Blick von der oberen Kante zurück in das tief unter uns liegende Tal und auf die auf der anderen Talseite etwas entfernt liegende Minenstadt ist im Licht der tiefstehenden Sonne atemberaubend. Im weiteren Verlauf ist die Qualität der Straße zunächst recht gut, wird dann aber sukzessive immer schlechter. Wir fahren lustig einen Berg hinauf, bis auf fast 3700 Meter Höhe. Von hier aus bieten sich schöne Blicke nach unten, auf allerdings äußerst kahle niedrigere Bergketten. Dann geht es wieder herunter, bis wir die Ebene des Altiplano auf etwa 3300 Meter erreichen.


Die Minenstadt Potrerillos

Hier kommen wir auf die Ruta C-173 entlang des Salar de Pedernales mit dem sehr pittoresk dahinter stehenden Vulkan Dona Ines (5092 Meter). Wir schauen uns kurz Salzsee und Vulkan von einem erhöhten Aussichtspunkt aus an - auf dem Weg zu diesem Aussichtspunkt kommen wir an einer Ansammlung Esel vorbei - ehe wir wieder auf den Weg machen und auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt. Eigentlich wollten wir direkt am Salzsee campen, andererseits hätten wir gerne eine wenigstens halbwegs blickgeschützte Stelle. Solche Stellen sind an oder auf der flachen Fläche eines Salars verständlicherweise nicht so leicht zu finden.


Abendstimmung über dem Salar de Pedernales

Daher fahren wir noch etwas weiter und lassen letztendlich den Salar komplett hinter uns. Kurz ehe wir ernsthaft darüber nachdenken, das Zelt einfach irgendwohin zu stellen, kommen wir zu einer kleinen Stichstraße Richtung Termas de Río Negro. Dieser folgen wir ein Stück, bis wir auf eine nur wenige Meter kurze Abzweigung zum Rio Juncalito abbiegen. Hier finden wir die perfekte Stelle für unser Zelt und fallen nach dem Abendessen vom langen Tag recht müde aber auch glücklich ins Bett.
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