31.10.2011: San Carlos de Bariloche - El Bolson - Wünderlich

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Montag, 31.10.2011: San Carlos de Bariloche - El Bolson
Heute verzichten wir auf das Frühstück im Hotel und brechen stattdessen früh auf. Wir fahren ein kurzes Stück entlang des Ufers vom Lago Nahuel Huapi nach Westen und biegen dann nach Süden auf eine kleine Straße, die uns durch die Ausläufer von San Carlos bis an die Nordspitze des Lago Guiterrez führt. Von hier aus geht es ein kleines Stück über geschotterte Serpentinen weiter in östlicher Richtung bis wir wieder die asphaltierte Ruta 40 erreichen. Dieser folgen wir nach Süden. Die aufgehende und noch tief stehende Sonne sorgt für eine wunderschöne Beleuchtung der wilden Berglandschaft, die wir durchqueren. Direkt rechts von uns steht das Cerro Catedral-Massiv, in dem wir gestern unterwegs waren. An das Südende des langgezogenen Lago Guiterrez schließt nahezu nahtlos der nicht minder malerische Lago Mascardi an. Hier machen wir einen kurzen Halt um eine, vom argentinischen Automobilverein ACA betriebene, historische Tankstelle zu bewundern. Auch wenn wir fast noch zu früh im Jahr dafür unterwegs sind, sehen wir hier direkt neben der Straße auch einige blühende Lupinen. Diese farbenfrohen Blumen sind typisch für ganz Patagonien.


Blick vom Lago Mascardi nach Norden auf das Cerro Catedral-Massiv.


Lupinen.

Am Südende des Lago Mascardi verlassen wir die Rute 40 und biegen nach Westen auf die Ruta 81 ab. Diese gute Schotterstraße führt uns in den Parque Nacional Nahuel Huapi. Zu dieser frühen Stunde ist das Parkrangerhäuschen am Eingang noch unbesetzt, wir sparen uns also das Eintrittsgeld für den Park. Die Straße führt ein paar Kilometer nach Westen, ein Stück davon verläuft sehr interessant direkt über den Strand des Lago Mascardi. Kurz hinter dieser Stelle teilt sich die Straße auf, wir biegen hier nach rechts ab, auf die Ruta 82 Richtung Pampa Linda und Glaciar Negro. Die Straße führt über zahlreiche Serpentinen bergauf und dann wieder bergab direkt in Richtung des schroffen und fast 3500 Meter hohen Vulkans Tronador. Ab der Abzweigung ist diese Straße ziemlich schmal und daher als Einbahnstraße ausgezeichnet: vormittags darf man in das Tal hineinfahren und am Nachmittag wieder hinaus. Nachts ist es erlaubt, in beide Richtungen zu fahren. Wir fragen uns, wie denn dann die Vorgehensweise aussieht, wenn Gegenverkehr kommt und aufgrund der steilen Berghänge auf beiden Seiten der Straße auch kein Ausweichen möglich ist. Als uns dann prompt ein großer LKW entgegen kommt, sehen wir, wie es klappt: irgendwie ist es halt mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl doch möglich, die beiden Autos aneinander vorbei zu bugsieren. Wir haben Berichte gelesen, die uns schlimmste Straßenverhältnisse mit übel tiefen Schlaglöchern befürchten ließen, und sind daher überrascht, als wir eine zwar etwas rumpelige aber mit unserem Pick Up recht gut zu bewältigende Straße vorfinden. Das Fahren macht richtig Spaß. Kurz vor Pampa Linda öffnet sich das Tal etwas zu einer schönen weiten und grünen Landschaft. Hier sehen wir einen männlichen Magellanspecht direkt neben der Straße auf einem Baum sitzen, sehr auffällig mit seinem schwarzen Körper und den knallroten Kopf.


Unterwegs zur Pampa Linda.


Ein männlicher Magellanspecht.

Pampa Linda ist eine Ansammlung von Häusern mit Rangerstation, Restaurant und Nationalparklodge. Wir stellen unser Auto ab und schauen uns um. Ursprünglich hatten wir gehofft, zum auf genau 2000 Metern gelegenen Refugio Otto Meiling laufen zu können. Diese Hütte gehört, wie das von uns gestern besuchte Refugio Frey dem Club Andino Bariloche. Sie stellt quasi eine Art Basislager für die Besteigung des Tronador dar und liegt direkt an bzw. zwischen den Armen der zahlreichen von diesem Berg fließenden Gletscher. Es war uns aber schon bei der Reiseplanung klar, dass es für diese Wanderung eventuell noch zu früh im Jahr sein könnte und unsere gestrigen Erfahrungen mit dem vielen Schnee am Refugio Frey haben diese Befürchtung ja quasi bestätigt. Wir entscheiden uns aber spontan, keine der möglichen Ausweichwanderungen zu machen. Stattdessen wollen wir versuchen, soweit wie möglich in Richtung Refugio Otto Meiling zu kommen. Wir hoffen, dabei La Almohadilla zu erreichen, einen langgezogenen Grat, von dem aus sich ein toller Blick auf den Tronador eröffnen soll.


Forstweg im ersten Teil des Anstiegs zum Refugio Otto Meiling.

Gesagt, getan. Im Parque Nacional Nahuel Huapi muss man sich eigentlich für Wanderungen registrieren. Nachdem wir aber scheinbar auch hierfür zu früh unterwegs sind, brechen wir einfach auf. Die ersten drei Kilometer laufen wir relativ flach auf einer Forststraße durch lichten Laubwald bis zum Rio Castano Overo. Hier biegen wir nach links ab und überqueren auf einer Gitterbrücke den kleinen aber reißenden Gebirgsfluss. Nun führt der Weg - im Grunde handelt es sich immer noch um eine Forststraße - in mehr oder weniger weiten Serpentinen bergauf. Von der umgebenden Berglandschaft oder gar vom Tronador ist rein gar nichts zu sehen, da wir nun von relativ dichtem Wald umgeben sind. Nach einiger Zeit erreichen wir das Ende der Forststraße und sind ab hier auf einem sehr schmalen Bergweg unterwegs. Immer noch im Wald, nun recht steil bergauf über zahlreiche schmale Serpentinen. Wir überqueren einige kleinere Schneefelder. Mit zunehmender Höhe nimmt auch die Größe der Schneefelder immer mehr zu und irgendwann ist der Weg komplett schneebedeckt. Ab hier würde der Weiterweg ohne ausreichende Ausrüstung kritisch werden, wir haben glücklicherweise unsere Grödel dabei. Nur zwei Serpentinenbiegungen weiter, es handelt sich um nur wenige Höhenmeter, lichtet sich der Wald und der Weg flacht ab. Wir haben die erstaunlich weite Fläche von La Almohadilla erreicht. Hier laufen wir ein wenig herum und finden dabei eine kleine Schneehöhle, die offensichtlich von anderen Bergwanderern für ein Biwak benutzt worden ist.


Wir stapfen durch den Schnee auf La Almohadilla.

Der Blick auf den Tronador ist im Prinzip phantastisch: Unter dem beeindruckenden Doppelgipfel ziehen sich die weißen Gletscher bis an eine senkrechte Kante aus tiefschwarzem Gestein. Die Abbruchkante oberhalb dieser Wand ermöglicht einen Blick auf das helltürkise Eis des Gletschers. Alle paar Minuten bricht mit großem Getöse ein Stück des Gletschers ab und fällt in die Tiefe. Der Name Tronador ist übrigens auch eine Abwandlung des spanischen Worts für "der Donnernde". Über die Steilwand ergießt sich das Schmelzwasser des Gletschers in zahlreichen kleinen Wasserfällen. Ein ganz besonderer Anblick, der allerdings trotz eines blauen Himmels bis zu einem gewissen Grad getrübt wird von der immer noch vorhandenen Aschewolke des Vulkans Puyehue. Die gesamte umgebende Landschaft erscheint wie von einem dünnen Milchschleier überzogen. Dieser Effekt wird ganz besonders deutlich beim Blick über Pampa Linda und den Verlauf der Ruta 81 hinweg Richtung Osten. Von den in dieser Richtung einige Kilometer entfernt stehenden Bergen sind fast keine Details zu erkennen. Wie vorher schon erwartet erscheint uns eine Weiterwanderung in Richtung Refugio Otto Meiling wenig sinnvoll zu sein. Nach einer kurzen Pause steigen wir daher wieder ab. Gerade im Schnee geht es dabei sehr schnell voran und in der Summe sind wir noch weit vor dem Wechsel der Richtung der Einbahnstraße wieder an der Pampa Linda.


Tronador samt beeindruckender Gletscherabbruchkante.

Daher fahren wir auf der Straße noch die acht Kilometer bis zum nahezu am Talabschluss gelegenen Ventisquero Negro, dem schwarzen Gletscher. Dieses Stück der Straße ist deutlich anspruchsvoller zu fahren als das Teil zur Pampa Linda. Mit einem normalen PKW würden wir hier nicht mehr unterwegs sein wollen. Für die Argentinier scheint das aber kein Hindernis zu sein, wir sehen am Parkplatz des Ventisquero Negro sogar einige Menge Minibusse. Das letzte Stück der Straße, zur Garganta del Diablo, einem großen Wasserfall ist gesperrt. Wir verzichten daher auf einen Besuch und beschränken uns auf den Blick aus der Ferne. Stattdessen bewundern wir ausgiebig den schwarzen Gletscher. Oberhalb einer Abbruchkante besitzt dieser Gletscher noch seine normale weiße bzw. hellblaue Farbe. Unterhalb der Kante allerdings entsteht der Gletscher aus den herab fallenden Eistrümmern quasi neu und sammelt dabei jede Menge Sedimente auf, die das Gletschereis schwarz färben. Dieser schwarze Gletscher fließt dann auch noch in einen milchiggrünen Gletschersee auf dessen Oberfläche sich jede Menge schwarze, weiße und gemischtfarbige Eisberge tummeln. Ein skurriler Anblick und über allem thront der mächtige Tronador.


Der Ventisquero Negro.


Gletschersee unterhalb des Ventisquero Negro.

Wir fahren zurück zur Pampa Linda und nach einem kurzen Snack im dortigen Restaurant weiter zur Ruta 40. Entlang des Lago Guilleimo geht es nun weiter nach Süden, durch eine beeindruckende Berglandschaft. Die Straße schraubt sich über unzählige Kilometer in ein tiefes Tal und dann auf der anderen Seite wieder hoch. Dabei tauchen am Horizont immer wieder neue schneebedeckte Gipfel auf. Wir fühlen uns ganz entfernt an Kanada erinnert - und doch ist die Landschaft andererseits auch wieder komplett unterschiedlich zu der in Nordamerika. Kurz vor der Ortschaft El Bolson befindet sich direkt am Straßenrand die Cascada Virgen, ein im Privatbesitz befindlicher Wasserfall. Wir würden gerne den Eintritt bezahlen, um uns das Schauspiel näher anschauen zu können, allerdings scheinen die Eintrittsgelder nicht ausgereicht zu haben, um dieses Geschäft über Wasser zu halten - es ist wohl für immer geschlossen. Wir laufen auf einem kleinen Wanderweg außerhalb des abgezäunten Geländes ein Stück entlang des Wassers in Richtung des Wasserfalls, müssen aber nach ein paar hundert Metern an einer senkrechten Felswand umkehren.


Blick von der Ruta 82 über den Lago Mascardi.


Die Cascada Virgen etwas nördlich von El Bolson.

Die Ortschaft El Bolson ist bei jungen Argentiniern als Urlaubsort sehr beliebt, früher war es auch eine Hochburg der Hippiekultur. Letzteres lässt sich auch heute noch anhand der Namen einiger der Lodges erahnen und ein wenig auch beim Anblick einiger der Leute, die hier unterwegs sind. Wir sind trotz der tollen Lage der Stadt nicht so wirklich begeistert: die Häuser stellen eine Mischung aus einigen herausgeputzten repräsentativen Objekten mit vielen lieblosen Betonkonstrukten und auch heruntergekommenen Gebäuden dar. Wir sind ja nicht hauptsächlich wegen den Ortschaften hier sondern wegen der Natur und der Landschaft aber ein klein wenig drängt sich doch der Gedankengang auf, dass eine Stadt in dieser Lage in Europa oder Nordamerika anders aussähe.

Nach dem Einchecken im Hotel fahren wir noch mit dem Auto auf den Cerro Amigo, einen einige hundert Meter oberhalb von El Bolson gelegenen Aussichtspunkt. Bis knapp unterhalb des Gipfels führt eine Straße, den Rest legen wir zu Fuß zurück. Die Sonne steht schon tief und trotz der immer noch in der Luft vorhandenen Aschewolke ist der Blick auf die sich direkt unterhalb im Tal ausbreitende Ortschaft ein schöner Abschluss für einen äußerst abwechslungsreichen Tag.


Spätnachmittäglicher Blick auf El Bolson.
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