11.11.2011: El Chalten - El Calafate - Wünderlich

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Freitag, 11.11.2011: El Chalten - El Calafate
Nach dem leckeren Frühstück packen wir zusammen und werden herzlich von Guillermo und Cristina verabschiedet. Die Abfahrt wird noch ein wenig von der flauschigen hauseigenen Katze verzögert, die es sich unter unserem Auto bequem gemacht hat. Einige Streicheleinheiten später lässt sich dazu überreden, einen Ortswechsel vorzunehmen und wir können aufbrechen. Das Wetter ist zwar nicht ganz so toll wie gestern Abend, aber immer noch recht gut: Bewölkung und blauer Himmel halten sich mehr oder weniger die Waage. Unser erstes Ziel für heute ist der Chorrillo del Salto, der Wasserfall, an dem wir vorgestern die Löwenzahn futternden Papageien beobachtet haben. Wir stellen also wieder unseren Pick Up auf dem Parkplatz ab und laufen den kurzen Trail zum Wasserfall. Nun liegt dieser nicht im Schatten und es ergibt sich auch ein hübscher Regenbogen in der aufgewirbelten Gischt. Das war ein lohnenswerter Abstecher.


Am Chorrillo del Salto.

Weiter geht es nach El Chalten, wo wir einige organisatorische Dinge erledigen: Zum einen müssen wir den im Verlauf der vergangenen Tage angesammelten Müll - vor allem leere Getränkeflaschen entsorgen. Dazu bieten sich die in der Stadt aufgestellten Recyclingstationen an, an denen der Müll sogar nach Sorten getrennt wird. Dann suchen und finden wir die in einer Nebenstraße gelegene Post und kaufen Briefmarken für die Postkarten, die wir im Lauf der vergangenen Abende an unsere daheimgebliebenen Freunde und Verwandte geschrieben haben. Pro Postkarte werden 9.50 Pesos fällig. Dafür erhalten wir je eine große dreieckige Marke im Wert von 8 Pesos und eine fast ebenso große 1.50 Pesos-Marke. In der Folge sind wir einige Zeit damit beschäftigt, die Marken aus der Perforation zu lösen und irgendwie auf die verbleibende freie Fläche oben rechts auf den Karten zu verteilen, ohne Adresse oder Text allzu sehr zuzukleben. Wie sich übrigens nach der Reise herausstellen wird, waren all diese Mühen vergebens: Die in El Chalten eingeworfenen Karten sind nie in Deutschland angekommen, ein fast am Ende unserer Reise eingeworfener zweiter Stoß Karten dagegen schon. Zuletzt besuchen wir einen Geldautomaten und holen uns frische Pesos.

Wir verlassen El Chalten auf der Ruta 23 Richtung Osten, zurück zur Kreuzung, wo wir vor vier Tagen die Ruta 40 verlassen haben. Schnell fallen die Südbuchenwälder rund um El Chalten hinter uns zurück und wir fahren wieder durch die karge Halbwüste. Wir fahren immer knapp am Ufer des Lago Viedma entlang und genießen sowohl den schönen Blick auf den See als auch denjenigen in den Rückspiegel. Dort können wir letzte Blicke auf Cerro Torre und Cerro Fitz Roy werfen.


Rückblick auf den Fitz Roy.

Nach knapp 90 Kilometern kommen wir an der Ruta 40 an und biegen nach Süden ab. Die Straße führt hier schön bergauf und bergab durch eine Landschaft, die ein wenig an den Westen der USA erinnert. Hinter dem hübschen Hotel La Leona, welches malerisch am türkisfarbenen Rio la Leona liegt, dem Ausfluss des Lago Viedma, kommen wir beispielsweise an sehr interessanten Hügelstrukturen vorbei, die uns verdächtig an die Badlands in South Dakota erinnern.


Vorsicht Wind!


Das Hotel La Leona.

Etwas weiter südlich erreichen wir den großen Lago Argentino, wie auch der Lago Viedma ein großes türkisfarbenes Juwel in der recht farblosen Halbwüste. Wir halten an einen Viewpoint auf den See und entdecken ein Detail, das sich mit unseren Assoziationen mit dem Westen der USA nicht so ganz verträgt: Unweit des Ufers schwimmt im Wasser des Sees ein größerer helltürkisfarbiger Eisberg. Und das bei frühlingshaft sehr warmen Temperaturen. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes cool.


Unterwegs auf der Ruta 40 durch die patagonische Steppe.


Lago Argentino mit Eisberg.

Einige Kilometer weiter verlassen wir die Ruta 40 wieder und folgen der Ruta 11 nach Westen bis nach El Calafate, malerisch am Südufer des Lago Argentino gelegen. Diese Ortschaft ist um einiges älter als El Chalten und mit 18000 Einwohnern auch viel größer. El Calafate ist das Tor zum südlichen Teil des Parque Nacional los Glaciares. Dementsprechend viel ist hier auch los. El Calafate ist stark touristisch geprägt, gefällt uns trotzdem recht gut. Wir schauen uns um und stocken unsere Getränkevorräte etwas auf. Morgen wollen wir eine Bootsfahrt auf dem Lago Argentino machen - leider ist die Agentur, zu der wir nach einigen Herumfragen geschickt werden geschlossen und macht erst um 16:00 Uhr wieder auf. Also fahren wir zunächst zur Hosteria El Galpon del Glaciar, knapp 20 Kilometer hinter El Calafate sehr schön direkt am Lago Argentino gelegen. Hier wollen wir die kommenden beiden Nächte verbringen. Wir checken ein, tragen unser Gepäck ins Zimmer und brechen sofort wieder auf, zum südlichen Teil des Parque Nacional los Glaciares. Zunächst führt die Straße knapp 19 Kilometer mehr oder weniger schnurgerade durch die Steppenlandschaft nach Westen. Dann erreichen wir die Peninsula Magellanes, eine große und grob kreisförmige Halbinsel im Lago Argentino. Diese Halbinsel ist fast komplett mit Bergen bedeckt. Daher zweigt sich die Straße hier auch auf: Die Ruta 8 führt noch etwas mehr als acht Kilometer nach Norden und endet dort bei Puerto Bandera, das ist der Hafen von dem aus die Bootsfahrten auf dem Lago Argentino starten. Die Rute 11 dagegen knickt um 90 Grad nach Süden ab, verläuft bis zum südlichen Rand der Peninsula Magellanes und dort um diese herum bis an die Westseite der Halbinsel.

Wir folgen der Ruta 11 nach Süden und erreichen nach einigen Minuten den Eingang zum Nationalpark. Hier werden an einer kleinen Rangerstation für ausländische Gäste pro Person 100 Pesos fällig. Im weiteren Verlauf liegt immer links von uns der Brazo Rico, ein Seitenarm des Lago Argentino. Auf der rechten Seite schmiegt sich die Straße an die steilen Südhänge der Sierra Buenos Aires, eine der Bergketten der Peninsula Magellanes. Diese Berge sind dicht mit Bäumen bewachsen und dieser Wald beherbergt jede Mange Selbstmörderhasen: Mehrfach springen diese Viecher ohne Vorwarnung direkt vor unser Auto. Oder rennen kurz neben dem Auto her und schlagen dann urplötzlich einen Haken direkt vor die Front des Autos. Mehreren dieser Hasen können wir trotz gedrosselter Geschwindigkeit nur mit Müh und Not ausweichen. Dann gerät schließlich einer der Hasen unter unser Auto, allerdings glücklicherweise nicht unter einen Reifen. Dirk sieht das Tier im Rückspiegel unter dem Auto hervorkommen. Es sieht aus der Entfernung noch ganz OK aus und bewegt sich auch noch. Wir hoffen stark, dass es den Vorfall ohne bleibende körperliche und seelische Schäden überstanden hat.

Irgendwann sehen wir ihn dann zum ersten Mal: Den Glaciar Perito Moreno, unser heutiges Etappenziel. Dieser mächtige Gletscher wird vom südpatagonischen Eisfeld gespeist und fließt direkt in den Lago Argentino. Dabei ergibt sich eine Besonderheit, wegen der dieser Gletscher weltberühmt ist: Er fließt genau an der Engstelle zwischen dem Canal de los Tempanos und dem Brazo Rico in den See. Der Gletscher wächst jedes Jahr um einige Meter in den See hinein und verstopft irgendwann die Engstelle komplett. Somit hat der Brazo Rico keinen Ausfluss mehr und wird aufgestaut. Das führt zu einem starken Anwachsen des Wasserdrucks auf den Gletscher. Bei einer bestimmten Stärke des Wasserdrucks kann der Gletscher diesem nicht mehr standhalten und bricht mit viel Getöse auseinander. Dieses Spektakel findet in sehr unregelmäßigen Abständen alle paar Jahre statt, das letzte Mal im Juli 2008. Und wenn der Gletscher auseinander gebrochen ist, beginnt das ganze Spiel wieder von vorne...


Erster Blick auf den Glaciar Perito Moreno.

Wir halten an mehreren Viewpoints an und bewundern aus der Ferne die immer neuen Ausblicke auf die riesige türkisfarbige Fläche des Gletschers. Als sich die Straße nach einiger Zeit wild gekurvt ihrem Ende nähert, können wir nicht direkt bis zum recht kleinen Hauptparkplatz direkt am Gletscher fahren, sondern werden statt dessen zu einem größeren und etwas weiter entfernten Überlaufparkplatz umgeleitet. Eine interessante Erfahrung, schließlich sind wir ja in der Nebensaison unterwegs und waren zu Beginn unserer Reise oft alleine auf Wanderwegen oder an Sehenswürdigkeiten unterwegs. Wenn hier jetzt schon der Hauptparkplatz voll ist, möchten wir nicht sehen, wie es in der Hochsaison zugeht. Vom Überlaufparkplatz fahren Shuttlebusse die kurze Strecke zum Gletscher. Wir müssen nicht lange warten, bis eines dieser kleinen Fahrzeuge vorbei kommt. Als wir nach kurzer Fahrt aussteigen, befinden wir uns vor einem Visitor Center mit Cafeteria, das genau so auch irgendwo in den USA stehen könnte. Das Ganze liegt in einem lichten Laubwald. Wir drehen uns nach Westen und sehen durch die Bäume die unnatürlich wirkende riesige Fläche des Gletschers schimmern. In diese Richtung und hinab bis nur wenige Meter oberhalb der Oberfläche des Sees führt ein dichtes und zu Beginn etwas verwirrendes Netz an Boardwalks. Auf diesen befinden sich zahlreiche Aussichtsplattformen mit Sitzgelegenheiten. Der Gletscher hat schon unsere Seite des Sees erreicht, wir kommen also richtig nahe heran. Da der See schon fast vollständig verstopft ist, kann auch der nächste Abbruch nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.


Unterwegs auf den Boardwalks am Glaciar Perito Moreno.

Die verschiedenen Aussichtsplattformen erlauben viele unterschiedliche Blickwinkel auf den Gletscher: Von oben rechts oder links auf die Oberfläche des Gletschers und seine Front oder aber auch von relativ weit unten direkt auf die riesige türkisfarbene Eisfront. Langweilig wird das nicht. Wir probieren fast alle Aussichtspunkt aus - an einer Stelle halten wir uns mehr als eine Stunde auf, um den ächzenden Geräuschen zuzuhören, die der Gletscher ab und zu von sich gibt.


Nördliche Eisfront des Glaciar Perito Moreno.

Alle paar Minuten brechen Teile der über 70 Meter hohen Gletscherfront ab und fallen mit riesigem Getöse und Platschen ins Wasser. Was für ein Lärm muss es erst sein, wenn der komplette Gletscher abbricht? Wir befinden uns zunächst auf der nördlichen Seite der Gletscherfront und laufen dann langsam über die Boardwalks zur Südseite hinüber. Hier liegen die Aussichtspunkte noch etwas näher an der Wasseroberfläche und man meint fast, das Eis berühren zu können. Ein tolles Erlebnis.


Platsch!


Eisfront des Glaciar Perito Moreno.

Am Ende unseres Besuchs schauen wir uns noch kurz im Giftshop um, ehe wir einen der letzten Shuttlebusse zurück zum Parkplatz nehmen wo wir unseren Pick Up abgestellt haben. Wir fahren ohne an unserer Hosteria anzuhalten durch bis nach El Calafate, wo wir endlich mit Erfolg Tickets für unsere morgige Bootsfahrt auf dem Lago Argentino besorgen. Danach gibt es ein leckeres Abendessen in einer netten kleinen Creperia. Auch unser Auto darf zum ersten Mal seit längerer Zeit seinen Durst auf Diesel stillen. Zurück an unserer Hosteria genießen wir noch ein wenig die Abendstimmung über dem Lago Argentino und gehen dann ins Bett.


Eine neugierige Morgenammer.

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