03.11.2011: Caleta Gonzalo - Puerto Puyuhuapi - Wünderlich

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Donnerstag, 3.11.2011: Caleta Gonzalo - Puerto Puyuhuapi
Die kleine Gasheizung hat es nicht ganz geschafft, unsere im Verlauf der gestrigen Wanderung zum Ventisquero Yelcho durchnässten Klamotten zu trocknen. Egal, das wird schon. Als wir nach dem Aufstehen aus dem Fenster schauen, ist die Überraschung groß: Wider erwarten befinden wir uns nicht in einer Waschküche, sondern sehen blauen Himmel. Zum ersten Mal im Verlauf unserer Reise kein Ascheschleier oder Wolken. Wir sind überglücklich und erkunden erstmal die nähere Umgebung unserer Cabin. Wir stehen am Rande eines wunderschönen Fjords. Das Ganze erinnert uns irgendwie gleichzeitig an Norwegen und Neuseeland.


Morgenstimmung am Fiordo Renihue bei Caleta Gonzalo.

Das Frühstück steht qualitativ dem gestrigen Abendessen in nichts nach. Wir packen zusammen und brechen auf, zurück in Richtung Süden. Nun beginnt das Abenteuer Carretera Austral so wirklich. Aufgrund des schönen Wetters probieren wir mehrere der kurzen Wanderungen im Parque Pumalin aus: Einer dieser Hikes führt zur Laguna Tronador, einem kleinen und vollständig von hohen Bergen umschlossenen Bergsee. Nach nur wenigen hundert Metern, direkt hinter dem Aussichtspunkt auf einen netten Wasserfall ist diese Wanderung aber leider gesperrt. Also zurück zum Auto und nur ein kleines Stück weiter auf der anderen Straßenseite den nächsten Versuch unternommen: Hier gibt es einen Rundweg durch einen Alercenwald. Alercen sind die teilweise uralten patagonischen Zypressen, von denen wir einige kleinere Examplare schon vorgestern im Parque Nacional Los Alerces bewundern konnten. Dieser Rundeweg ist zwar recht kurz - inklusiver jeder Mange langer Pausen sind wir vielleicht 40 Minuten unterwegs, ansonsten ist sie aber der Volltreffer. Wir laufen durch einen gemäßigten Regenwald, der an den Olympic National Park oder den North Cascades National Park in den USA erinnert, aber irgendwie urwüchsiger ist: Viele riesige Farne und von Bäumen runterhängendes Moos erinnern irgendwie an eine Landschaft aus Mittelerde. Im Zentrum des Weges finden wir mehrere riesige Alercen. Hier kommt nun auch noch der Redwood National Park ins Spiel...


Hängebrücke am Trail zur Laguna Tronador.


Urwüchsige Waldlandschaft im Parque Pumalin.


Eine Alerce.

Etwa 2.5 Kilometer weiter südlich stellen wir unser Auto auf dem Parkplatz der Wanderung zu den Cascadas Escondidas ab - den versteckten Wasserfällen. Diese Wanderung ist mit etwa vier Kilometern deutlich länger als diejenige zu den Alercen. Entlang eines kleinen Gebirgsbachs geht es mehr oder weniger stetig bergauf durch den Regenwald. Ab und zu überqueren wir mit Hilfe kleiner Holzbrücken den Bach. Wir kommen vorbei an zahlreichen kleineren Kaskaden und Wasserfällen und überlegen uns schon, wie wir die beiden großen Wasserfälle, die sich hier befinden sollen, von all den kleineren unterscheiden sollen. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich quasi von selbst, denn jeder der beiden großen Wasserfälle kündigt sich schon aus einiger Entfernung durch ein donnerndes Geräusch an. Die Cascada Baja besteht im Grunde aus zwei separaten Wasserfällen, der rechte etwas niedriger als der linke. Hier fließt der Bach beidseitig um einen großen Felsklotz herum. Es gibt zwei Aussichtspunkte: Der erste auf Höhe des Wasserbeckens, in den die Wasserfälle stürzen. Der zweite ermöglicht einen Blick von oben auf die Wassermassen und einen durch die Gischt verursachten schönen Regenbogen. Die beiden Aussichtspunkte sind durch eine lustige Holztreppe miteinander verbunden. Ein paar hundert Meter weiter kommen wir zur mächtigen Cascada Alta. Ein phantastisches Schauspiel. Wie wir schon ganz zu Beginn unserer Reise feststellen durften: Wir sind zur perfekten Saison für Wasserfälle unterwegs. Zurück zum Parkplatz müssen wir nicht den Anstiegsweg nehmen, sondern der Trail ist als Rundweg ausgelegt. Auch der Rückweg ist sehr schön und abwechslungsreich angelegt. Wir kommen an einer Mannschaft von Arbeitern vorbei, die mit Werkzeug und Kettensägen den Weg für die kommende Saison vorbereiten und dabei unter anderem morsche Geländerteile austauschen sowie in den Weg hängendes Gestrüpp wegschneiden. Ansonsten sehen wir während unseren Wanderungen durch den Parque Pumalin keine Menschenseele. Nach insgesamt etwas weniger als zwei Stunden sind wir wieder am Auto und mächtig beeindruckt. Lägen diese Wasserfälle in den USA oder Deutschland, wären sie eine vielbesuchte und bekannte Top-Sehenswürdigkeit.


Cascada Baja im Parque Pumalin.


Cascada Alta im Parque Pumalin.

Aufgrund des besseren Wetters macht das Fahren auf der geschotterten Carretera Austral noch mehr Spaß als gestern. Wir legen mehrere Pausen ein, um den dichten Regenwald, die riesigen Pangue-Blätter und die die vielen roten Notro-Blüten zu bewundern. Auch die beiden mehr oder weniger direkt neben der Straße liegenden kleinen Seen Lago Nero und Lago Blanco sehen nun wesentlich fröhlicher aus, als gestern im Regen. Wir sind uns nicht ganz sicher, wie genau die Namensgebung dieser beiden Seen zustande kam, der Lago Nero wirkt aber in der Tat wesentlich dunkler als der Lago Blanco. Ursache ist der von den sehr nah am See stehenden steilen Berghängen geworfene Schatten. Kurz vor Chaiten verlassen wir die Carretera Austral, und fahren durch den noch auf dem Gelände des Parque Pumalin befindlichen Campground El Volcan. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf den mächtigen Vulkan Michinmahuida, den Berg, mit dessen Ausbruch die Bewohner von Chaiten viel eher gerechnet hätten als mit demjenigen des Chaiten. Der gletscherbedeckte Berg bietet in der Tat einen tollen Anblick, nur leider hüllt sich der Gipfelbereich in Wolken. Aber egal: Der Parque Pumalin hat uns äußerst gut gefallen. Wir sind glücklich, die Entscheidung für diesen kurzen Abstecher in Richtung Norden getroffen zu haben und würden bei Gelegenheit jederzeit wieder hierher zurück kommen, dann sehr gerne auch für länger.


Und so sieht die Carretera Austral bei gutem Wetter aus.


Der Lago Blanco.

Wir kommen wieder am Flughafen von Chaiten mit dem seltsamen Zwitterkonstrukt aus Straße für Autos und Landebahn vorbei. In Chaiten selber tanken wir das Auto auf und begutachten noch kurz die verbliebenen Zerstörungen des Vulkanausbruchs von 2008. Den Verlauf der Straße bis Villa Santa Lucia kennen wir schon von gestern. Nun aber haben wir zum Beispiel die Möglichkeit, einen tollen und vor allem freien Blick auf den Ventisquero Yelcho zu erhaschen, dem Ziel unserer gestrigen sehr nassen Wanderung. Obwohl wir gestern den eigentlichen Gletscher nicht erreicht haben, sind wir uns ohne größere Diskussion sofort einig, dass wir nicht noch einen Versuch wagen wollen. Schließlich sind Wege und Wald ganz gewiss noch nicht voll abgetrocknet.


Rio Blanco mit deutlichen Spuren des Vulkanausbruchs von 2008.


Zerstörte Häuser in Chaiten.

In Villa Santa Lucia nehmen wir einen einheimischen Anhalter mit, der nach La Junta will, etwa 70 Kilometer entfernt. Leider ist die Verständigung schwierig: Das Spanisch unseres Gastes ist so stark südamerikanisch gefärbt, dass wir nicht viel verstehen und Englisch kann er nicht. So kommen wir über ein paar Brocken nicht hinaus. Die Straße zwischen Villa Santa Lucia und La Junta ist schmal und sehr abwechslungsreich: Villa Santa Lucia liegt noch in einem weiten und offenen Talkessel, aber im weiteren Verlauf führt die Strecke entlang von Bergflanken durch das Tal des Rio Frio, immer wieder bergauf und bergab. Wir fahren durch dichten Bergwald, es öffnen sich aber immer wieder Blicke auf die umgebende Landschaft und den ruhig dahin fließenden Rio Frio. Immer mal wieder befinden sich auch kleinere Bauernhöfe direkt an der Straße. Dann muss man als Fahrer erhöhte Wachsamkeit zeigen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kühe, Pferde, Schafe, Hunde oder Schweine auf der Straße befinden ist in der Nähe dieser Ansiedlungen nicht zu vernachlässigen.

Auf halber Strecke zwischen Villa Santa Lucia und La Junta fließt der Rio Frio in den Rio Palena, der aus den östlich der Straße gelegenen Bergen kommt. Außer dem Namen ändert sich aber nicht viel. Die Berge öffnen sich erstmals wieder bei La Junta, welches am Zusammenfluss des Rio Palena mit dem Rio Rosselot liegt. Letzterer wird von der Carretera Austral mittels einer hübschen orangefarbigen Hängebrücke überquert. Nachdem wir unseren Mitfahrer am nördlichen Stadtrand abgesetzt haben, fällt uns auf, dass wir vergessen haben, diese Brücke zu fotografieren. Also: Das Auto umdrehen und wieder ein Stück zurück nach Norden zur Brücke. Der verwirrte Blick mit dem unser Mitfahrer uns bei diesem Manöver hinterher schaut ist unbezahlbar. Ein paar Minuten später haben wir unsere Pflicht als Dokumentatoren erfüllt und schauen uns vor der Weiterfahrt noch kurz in der sehr kleinen aber hübschen Ortschaft um. Berühmteste Sehenswürdigkeit in La Junta ist sicherlich das direkt an der Straße befindliche Denkmal an den Bau der Carretera Austral, welches explizit auch dem ehemaligen Diktator Augusto Pinochet gewidmet ist. Dieser initiierte ja den Bau der Straße. Befehl zum Bau der Straße hin oder her, die Errichtung dieses Denkmals im Jahre 2001, also 13 Jahre nach der Demokratisierung von Chile, sorgte wohl für einen kleinen Skandal.


Hängebrücke über den Rio Rosselot bei La Junta.


Denkmal an den Bau der Carretera Austral in La Junta.

Hinter La Junta schließt sich der Talkessel wieder und die umgebenden Berghänge rücken näher. Nur etwa 28 Kilometer weiter erreichen wir unser heutiges Tagesziel, die Pangue Lodge, ein wenig nördlich der Ortschaft Puerto Puyuhuapi gelegen. Die Lodge befindet sich in wunderschöner Lage am Nordufer des langgestreckten Lago Risoparton. Wir checken am Hauptgebäude ein, beziehen unsere Cabin und schauen uns dann um: Das Gelände ist sehr schön angelegt: Ein langer Holzsteg führt zum See und es besteht die Möglichkeit für Hikes in den umgebenden Regenwald. Auf letzteres verzichten wir und springen lieber in den auch auf dem Gelände befindlichen heißen Pool. Dieser sehr schöne Tag findet seinen Höhepunkt und Abschluss mit einem äußerst leckeren Abendessen.
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