16.11.2011: Hosteria Pehoe - Hotel Las Torres - Wünderlich

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Mittwoch, 16.11.2011: Hosteria Pehoe - Hotel Las Torres
Auch in dieser Lodge gibt es Frühstück um halb acht - hier aber ist ein ausgesprochen leckeres und vor allem nicht flüssiges Rührei mit dabei. Der Himmel zeigt sich zum Großteil recht grau und wolkenbedeckt mit vereinzelten blauen Flecken. Letztere ermöglichen uns einen schönen Blick aus dem großen Panoramafenster des Speisesaals auf das Torres del Paine-Massiv mit den schönen Cuernos. Nachdem wir im Verlauf der vergangenen beiden Tage direkt an diesem Bergstock unterwegs gewesen sind, wollen wir uns heute einigen Trails in anderen Bereichen des Nationalparks widmen. Dazu fahren wir zunächst die gewundene Parkstraße bis zu ihrem westlichen Ende am Hotel Lago Grey. Diese Straße verläuft zuerst entlang der Ostseite des Lago Pehoe, dann am recht breiten Rio Paine nach Süden. Der Rio Paine wird mit Hilfe einer einspurigen Holzbrücke überquert. Ein deutlich moderneres und auch breiteres Bauwerk aus Beton und Stahl wird momentan direkt neben der alten Brücke errichtet. Kurz danach, insgesamt etwa 12 Kilometer südlich der Hosteria Pehoe, führt die Straße an den Gebäuden der Parkverwaltung vorbei und knickt nach Nordwesten ab, durch ein langgezogenes Tal. Hier soll es Huemuls geben, wir sehen aber leider wieder keinen dieser seltenen Andenhirsche. Schließlich kommen wir zum Hotel Lago Grey, am Südufer des gleichnamigen Sees gelegen. Nur einige Meter weiter kommen wir am Ende der Straße zu einem großen Parkplatz. Hier befindet sich der Trailhead von zwei Wanderungen, die wir beide laufen wollen.

Die erste Tour führt uns relativ eben zum Lago Grey. Dazu wird zunächst der kleine Rio Pingo mit Hilfe einer hölzernen Hängebrücke überquert, dann verläuft der Weg ein Stück lang durch einen Laubwald. Nach einigen Metern hören wir ein klopfendes Geräusch und schauen uns um, woher dieses Geräusch stammt. Wir staunen nicht schlecht, als wir direkt am Weg, nur ein paar Meter von uns entfernt, einen Magellanspecht entdecken, der sich gerade sein Frühstück erjagt. Es ist ein Weibchen, mit schwarzem Schopf und rot eingefärbten Schnabelansatz. Das Tier hackt derart energisch in die Baumrinde, dass im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen fliegen. Und dabei handelt es sich durchaus um größere Stücke Borke und Rinde, die fröhlich in der Gegend herumfliegen. Alle paar Minuten wechselt der Specht den Baum, fliegt einen oder zwei Bäume weiter und hackt dort weiter. Toll.


Ein weiblicher Magellanspecht.

Wir laufen weiter und kommen zu einem breiten Strand mit sehr grobem Kies. Das ist das südliche Ufer des Lago Grey. Vor zwei Tagen hatten wir ja den Gletscher besucht, der in den nördlichen Teil des Sees fließt. Die Eisberge, die dort vom Gletscher abbrechen, werden durch Strömung und Wind nach Süden getrieben und sammeln sich in der Gegend des Strandes an, auf dem wir jetzt stehen. Wir sehen jede Menge größere und kleinere Eisbrocken, teilweise fast zum Greifen nah. Allen dieser Brocken gemeinsam ist die satte türkisgrüne Farbe des Eises.


Südufer des Lago Grey mit Eisbergen.


Eisberge im Lago Grey.

Am Ende des Strandes befindet sich eine kleine baumbestandene Halbinsel, um die ein schöner Wanderweg herumführt. Auf halber Strecke kommen wir zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir noch viel mehr Eisberge und am anderen Ende des Sees den Glaciar Gray und die ihn umgebenden Berge sehen. Nach Umrunden der Halbinsel laufen wir über den Strand und durch den Wald und sind nach insgesamt etwas mehr als fünf Kilometern wieder zurück am Auto. Dort erfrischen wir uns etwas, legen wir eine kurze Pause ein und schon geht es los zur zweiten Wanderung. Diese führt uns an die Hänge des mächtigen Cerro Ferrier zum auf 700 Metern Höhe gelegenen Mirador Ferrier, von wo aus wir uns einen schönen Blick auf den Lago Grey erwarten. Der Weg beginnt links neben einem kleinen Gebäude der Parkverwaltung. Zunächst geht es nur ein kleines Stück bergauf und dann durch eine mit Gras und vereinzelten Büschen bewachsene Ebene. Hier kommen wir nach einigen Minuten zu einer Art zweitem Trailhead, zu erkennen an einem kleinen Holzschild mit einem Comicbiber, der dem Wanderer anzeigt, wie viele Höhenmeter noch vor ihm liegen. Diese Schilder werden wir im weiteren Verlauf des Trails noch mehrfach sehen, jedes Mal mit einem unterschiedlichen Kommentar des Bibers. Eine nette Idee, wie wir finden. Wir verstehen allerdings nicht so ganz, wieso ein Biber als Symboltier für einen Wanderweg in Patagonien gewählt wurde, denn Biber sind hier nicht heimisch. Einige Exemplare wurden nach Feuerland eingeschleppt und gelten dort heute als Plage.

Der Weg führt von nun an stetig bergauf, mal mehr und mal weniger steil durch niedriges Buschwerk und vorbei an größeren Bäumen. Während wir langsam an Höhe gewinnen, wird die Aussicht immer spektakulärer. Etwa hundert Höhenmeter unterhalb des Aussichtspunktes (zumindest laut Aussage der Biber-Schilder) kommen wir über eine Felskante und bald darauf in einen kleinen Talkessel mit einem wunderschönen dunklen und stillen Wald. Auch hier zieht sich der Weg steil nach oben, stellenweise ziemlich schlammig. Vor noch nicht allzu langer Zeit wäre hier kein Durchkommen gewesen und auch jetzt liegen rechts und links des Trails Überreste von Schneefeldern. Hinter dem Wald geht es in einer Rechtskurve hinaus auf eine Hochebene aus Geröll, noch einen letzten Anstieg hinauf und wir sind da. Es ist mal wieder extrem windig. Im Gegensatz zu einigen anderen Wanderungen im Verlauf unserer Reise ist hier der Aussichtspunkt tatsächlich mit einem Schild markiert - das ist doch mal etwas. Die Aussicht auf den Lago Grey mit seinen Gletschern ist grandios und am Ende des Sees erstrahlt der helle und scheinbar endlos reichende Glaciar Grey. Hinter dem Lago Grey sehen wir Lago Pehoe und Lago Nordenskjöld, im Südosten die Laguna Margarita, Laguna Marco Antonio sowie recht weit entfernt den großen Lago del Toro. Einzig der absolute Superstar dieses Nationalparks, nämlich das namensgebende Bergmassiv ist zwar gut sichtbar, kommt aber aufgrund der dort rumhängenden dichten Bewölkung nicht wirklich gut zur Geltung.


Blick vom Mirador Ferrier auf Lago Grey und Lago Pehoe.


Glaciar Grey.

Der Weg bergab verläuft auf derselben Route, die wir auch hoch gelaufen sind. Schon ganz unten, auf der grasbewachsenen Ebene in direkter Nähe des Parkplatzes beobachten und fotografieren wir ausgiebig einen schönen Schmetterling. Als wir damit fertig sind und den Weg um die nächste Kurve folgen, hocken mitten auf dem Weg zwei winzige Mäuse und schauen uns mit großen Knopfaugen an. Das sind lustige Tiere, von der Form am ehesten als Fellkugeln mit Schwanz und Augen zu beschreiben. Die beiden Mäuse lassen sich ohne größere Scheu einige Zeit lang beobachten, verstecken sich nach ein paar Minuten dann aber doch im dichten Gras.


Fellkugel mit Schwanz und Augen.

Wieder am Auto angelangt fahren wir auf der Parkstraße zurück nach Osten. Unser nächster Stopp ist am edlen Explora-Hotel, am Ufer des Rio Paine oberhalb des Wasserfalls Salto Chico gelegen. Um zu diesem Wasserfall zu gelangen, müssen wir vom Parkplatz über einen langen Boardwalk laufen und dann um den großen Hotelkomplex herum, an dessen Küchenbereich vorbei. Der Wasserfall selber ist ganz nett aber auch kein absolutes Top-Highlight, zumal eine zum Explora-Hotel gehörende Pumpenstation oder Generatorhäuschen oder irgendetwas Ähnliches mitten in den Wasserfall gebaut wurde. Beim Rückweg zum Auto fällt uns auf, dass das Titelfoto des von Klaus Bednarz geschriebenen Buchs "Am Ende der Welt" vom Gelände des Explora aus aufgenommen wurde. Wir fanden den Patagonienteil (im Gegensatz zum viel besser gelungenen Kapitel über Feuerland) dieses Reiseberichts seltsam uninspiriert. Vor allem die gewählte Route repräsentiert so gar nicht die Vielfalt an Landschaft, Natur und Kultur, die Patagonien zu bieten hat und die wir zum Teil im Verlauf unserer Reise erleben durften. Aber Hauptsache, man kann GEZ-Einnahmen dafür verwenden, mit seinem Filmteam im mit Abstand teuersten Hotel (ein Einzelzimmer kostet mal locker 750 Euro pro Nacht) des Nationalparks abzusteigen...


Holzbrücke über den Rio Paine.


Blick auf die Cuernos vom Gelände des Explora-Hotels aus.

Weniger als einen Kilometer weiter kommen wir zum schön am Seeufer gelegenen Pehoe-Campground. Hier müsste sich rechterhand der Straße der Parkplatz am Trailhead unserer nächsten Wanderung befinden. Wir biegen zunächst etwas zu früh ab und landen an einer Hütte, aus der heraus uns ein uniformierter Mensch neugierig anschaut. Es ist uns nicht ganz klar, ob dieser Mensch zum Campground, zum Nationalpark oder zu etwas anderem gehört. Immerhin reichen aber inzwischen auch Dirks Spanischkenntnisse aus, um nach dem Weg zu unserem Parkplatz zu fragen. Zwei Minuten später steht unser Pick Up an der korrekten Stelle und wir brechen auf. Dieser Trail wird uns auf den Mirador Condor führen, einem kleinen Berggipfel mit Blick direkt auf den Lago Pehoe und das Torres del Paine-Massiv. Die nette Wanderung führt zuerst ein Stückchen durch einen Wald, dann durch eine faszinierende Hochlandschaft, die dicht mit irgendwelchen fast künstlich aussehenden hellgrünen Pflanzen bewachsen ist. Aus dieser Landschaft erheben sich zwei Berggipfel aus braunem Sedimentgestein und der nördlichere dieser beiden Gipfel ist der Mirador Condor. Der Weg dorthin schlängelt sich zwischen den Gipfeln durch und dann nach oben. Auch hier weht ein fast unangenehm heftiger Wind. Der Weg ist steil, sandig und rutschig. Doch der Blick von oben ist alle Mühen wert - zumal wie schon gestern und vorgestern sich das Wetter im Lauf des frühen Nachmittags deutlich verbessert hat. Der Blick auf das wild zerklüftete Torres del Paine-Massiv ist unbeschreiblich und unter uns breiten sich wie ein Flickenteppich die unterschiedlichen Seen des Nationalparks aus. Wir erkennen das Explora-Hotel, sowie die Hosteria Pehoe, in der wir die vergangene Nacht verbracht haben.


Blick vom Mirador Condor auf Lago Pehoe mit dem Pehoe-Campground und dem Explora-Hotel.


Blick vom Mirador Condor auf Lago Pehoe und das Torres del Paine-Massiv.

Als wir wieder wohlbehalten am Auto angelangt sind machen wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft für die kommenden beiden Nächte. Für diese haben wir uns das im Ostteil des Parks gelegene Hotel las Torres gegönnt. Das ist die teuerste Übernachtungsstätte unserer bisherigen Reisehistorie - selbst das "The View" im Monument Valley war zu unserer damaligen Reisezeit günstiger. Wir fahren über Schotter zunächst ein Stück nach Osten. Hinter dem Lago Pehoe ist die Straße nagelneu gegradet worden - nach all der bisherigen Rumpelei auch mal ganz schön. Wir fahren am Lago Nordenskjöld vorbei und biegen einige Kilometer vor dem Parkausgang nach links ab. Hier kommen wir durch eine mit Gras bewachsene Hügellandschaft, in der sehr viele Guanacos grasen. Der absolute Höhepunkt ist eine Familie bestehend aus einem Muttertier und zwei Jungen. Die Mutter nimmt gerade ein Sandbad und wälzt sich daher ziemlich artistisch auf dem Boden herum. Und die beiden Jungtiere schauen zu. Süß.


Sandbadendes Guanaco.

Unsere Straße führt über einige Serpentinen steil herab ins Tal des Rio Paine. Direkt am dortigen Parkeingang biegen wir nach links auf die Zufahrt zum Hotel las Torres ab. Diese führt zunächst über eine alte und extrem schmale Hängebrücke. Katharina steigt aus und dirigiert. Dirk hat in Reiseberichten gelesen, dass man hier die Spiegel des Autos umklappen sollte. Da unsere Spiegel nicht in Wagenfarbe lackiert sind, probieren wir ob es auch so geht. Nein, tut es nicht und die Reiseberichte hatten recht: Auf halber Strecke schabt unser rechter Außenspiegel an der Verstrebung der Brücke und klappt dabei von selber um.


Enge Hängebrücke auf der Zufahrtsstraße zum Hotel las Torres.

Nach sieben weiteren Kilometern kommen wir zu unserem Hotel. Im Straßenverlauf dorthin sehen wir viele Wanderer, die noch den nächsten Campground am Circutio oder am "W"-Trek erreichen wollen. Das Hotel selber ist sehr edel mit schönen Zimmern. Es sind viele Tiere unterwegs, unter anderem Pferde und auch einige Füchse, die wohl mehr oder weniger zum Hotelinventar gehören. Zum Abendessen gönnen wir uns das ziemlich teure Buffetmenü im hoteleigenen Restaurant. Recht lecker und auch sehr reichlich. Auf dem Weg zurück zu unserem Zimmer treffen wir noch einen sich putzenden Fuchs. Das Tier ist wohl ebenso müde wie wir, das schließen wir jedenfalls aus seinem wiederholten Gähnen.
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