30.04.2019: Invermoriston - Drumnadrochit - Wünderlich

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30.04.2019 Invermorriston - Drumnadrochit
Heute wieder Frühstück in gemütlicher B&B-Atmosphäre. Die anderen Gäste, ein Paar aus Arizona und ein einzelner Wanderer aus Kanada sind allerdings schon fast mit dem Essen fertig, als wir dazu kommen, so dass wir leider kaum ins Gespräch kommen. Dafür aber mit dem Wirt, der uns noch mit Tipps für den Tag versorgt. Witzig auch der Kommentar des Wirts zu den lokalen Bergnamen - typisch gälische Namen mit vielen Konsonanten: wir als Deutsche können diese Namen doch viel besser aussprechen als alle Englisch-Muttersprachler.

Aus dem Tal des Morriston führt der Great Glen Way in steilen Serpentinen hinaus, so dass wir schnell an Höhe gewinnen. Auch heute gibt es wieder die Wahl zwischen einer High Route und einer Low Route und auch heute entscheiden wir uns für die High Route. Diese schraubt sich noch ein paar Serpentinen weiter hinauf.

Auf einem Zwischenplateau stoßen wir auf das Kunstwerk, dass mittlerweile viele Wanderführer und Werbebrochüren zum Great Glen Way ziert - The View Catcher. Es handelt sich um einen Ring aus zusammen gebundenen Hölzern auf einem Steinsockel und soll laut der angebrachten Plakette die wunderbare Aussicht von hier verstärken. Auch wenn uns der Slogan des Deutschen Alpenvereins - "Berge brauchen keine Geschmacksverstärker" - im Hinterkopf herum spukt - das Kunstwerk fügt sich gut in seine Umgebung ein und bildet definitiv ein Wahrzeichen.

Etwas weiter oben kommen wir wieder in die typisch schottische Hochmoorlandschaft. Wir umrunden das waldige Tal des Alt Saigh. Überall, wo hier keine Bäume stehen, ist der Boden bedeckt von gelben Primeln. Ein Zeichen, für das faszinierende Mikroklima hier: hier oben ist noch früher Frühling mit Primeln, während unten in den geschützten Tälern schon die Kastanien und der Flieder blühen.

Den Bach selber überquert die Troll Bridge, eine Brücke mit verschnörkeltem Geländer aus Kiefernästen. Zur Eröffnung der Brücke (und der High Route) 2014 hat eine örtliche Grundschule Gedichte und Bilder von Trollen beigesteuert, die auf einer Tafel nebenan zu sehen sind. Kurz vor der Brücke haben wir eine sehr dichte Begegnung mit einem Fasan. Interessant an diesen Tieren finden wir vor allem ihren Ruf, der irgendwie an ein schlecht geöltes Torscharnier erinnert. Manchmal scheinen Fasane, die man ansonsten übersehen hätte, mit diesem Ruf sogar absichtlich auf sich aufmerksam machen zu wollen.

Danach geht es noch weiter hinauf. Ständig wird der Blick hinunter auf den Loch Ness und zurück ins Great Glen beeindruckender. Am höchsten Punkt ist ein Windschutz aus Steinen aufgebaut, den wir heute glücklicherweise nicht brauchen. Der Weg bleibt noch ein wenig hier oben und geht dann durch einen fast mediterran wirkenden Kiefernwald wieder bergab.

Wir treffen wieder mit der Low Route zusammen. Der Weg bleibt nun sehr flach, anfangs noch mit Tiefblicken auf den See, dann lange Zeit durch dichten Wald. Als wir aus diesem wieder auftauchen und ein Foto vom See unter uns machen wollen, werden wir von zwei Wanderern eingeholt. Der Jüngere spricht uns auf sehr guten Deutsch an, ob er ein Foto von uns beiden machen soll. Er ist Schotte, arbeitet aber seit Jahren in Osnabrück und wandert jetzt im Urlaub zusammen mit seinem Vater den Great Glen Way.

Kurz darauf kommen wir wieder in die Zivilisation, zuerst in Form eines Wanderparkplatzes, dann ein paar Cottages und schließlich Weiden mit Schafen, jeder Farbe und jeden Alters, manche Weiden auch mit Pferden, Kühen oder Truthähnen. Der Weg läuft nun auf einer schmalen Asphaltstraße. Dafür dass diese Straße nur zu den paar Häuschen führt, herrscht erstaunlich viel Verkehr.

Nach ein paar Kilometern auf dieser Straße wird die Umgebung noch einmal mooriger und wir dürfen durch ein Meer von gelben Ginsterblüten laufen. Nun nähern wir uns langsam dem Tal, in dem Drumnadrochit, unser heutiges Etappenziel liegt. Im Abstieg treffen wir noch mal einige Bekannte: zuerst die beiden Radfahrer von vorgestern (immer noch unterwegs auf einem e-Bike und einem normalen Rad). Dann holt uns noch der Kanadier vom Frühstück ein. Wir wissen von gestern schon, dass er sehr schnell läuft - er ist auch nur mit sehr leichtem Gepäck unterwegs. Haben ihn aber heute am View Catcher noch vor uns gesehen - wann haben wir überholt? Wie er erklärt, hat er kurz hinter dem Wanderparkplatz vor ein paar Kilometern noch gemütlich einen Tee getrunken. Wir unterhalten uns einige Zeit über den Great Glen Way und über Fernwandern allgemein. Dann läuft er in seinem Tempo weiter und zieht uns langsam davon.

Vor Drumnadrochit machen wir einen kleinen Umweg. Wir wollen zum Urquhart Castle, einer Burgruine am Ufer des Loch Ness. Dazu müssen wir ein Stück die A82 entlang laufen (ja, genau, die gleiche Straße wie gestern). Da wir aber nicht die einzigen Wanderer sind, die das vorhaben, gibt es hier aber neben der Straße einen kleinen Fußweg. In Anbetracht der Menschenmassen und der doch etwas gesalzenen Eintrittspreise verzichten wir darauf, die Burg zu betreten und bewundern sie nur von Parkplatz und Straße aus.

Dann laufen wir zurück Richtung Ortschaft. Nachdem wir am Supermarkt am Ortseingang noch einmal Vorräte aufgefüllt haben, stürzen wir uns in den Trubel. Drumnadrochit ist der Hauptort des Loch Ness- und Nessie-Tourismus. Vor Souveniershops und Cafés herrscht reger Betrieb. Allerdings sind die meisten hier nur Tagestouristen: als wir uns zwei Stunden später zum Abendessen in den örtlichen Pub begeben, wirkt der Ort sonst fast ausgestorben. Auch hier treffen wir wieder viele Bekanntschaften vom Weg, unter anderem das schottische Vater und Sohn-Gespann. Als wir im Gespräch auf das Thema Brexit kommen, bestätigt es sich wieder einmal, dass die Schotten sehr viel europafreundlicher sind als die Engländer. Was jedenfalls der Vater mit den für den Brexit verantwortlichen Politikern machen würde, zitieren wir hier lieber nicht. Insgesamt kann man sagen, dass auf dem Great Glen Way zwar deutlich weniger los ist als auf dem West Highland Way, die Kameradschaft zwischen den Wanderern ist hier aber mindestens genauso herzlich.


The View Catcher


Troll Bridge


Hier kann man ahnen, wie groß der Loch Ness ist


Urquart Castle
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