27.04.2019: Fort William - Gairlochy - Wünderlich

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27.04.2019 Fort William - Gairlochy
Nach zwei erholsamen Tagen in Fort William machen wir uns wieder auf den Weg. Ab nun sind wir nicht mehr auf dem West Highland Way unterwegs, sondern auf dem Great Glen Way. Dieser Fernwanderweg führt über fast 120 Kilometer von Fort William nach Inverness, immer entlang des Great Glen, des großen Grabenbruchs, der quer durch Schottland führt und in dem sich zahlreiche langgestreckte Seen befinden. Diese Seen werden durch den Kaledonischen Kanal verbunden. Aufgrund der generellen Charakteristik dieser Wegführung ist der Great Glen Way ein wenig sanfter und einfacher als der West Highland Way - wir sind dennoch sehr gespannt und freuen uns auf schöne Landschaften. Rein vom Namen her ein Höhepunkt ist sicherlich auch der Loch Ness mit seiner berühmten etwas scheuen Bewohnerin.

Nach einem wieder einmal sehr guten Frühstück verabschieden wir uns aus unserem B&B in Fort William. Diese Unterkunft war wahrlich ein Glücksgriff und wir kommen bei Gelegenheit sehr gerne wieder. Das Wetter ist für hiesige Verhältnisse immer noch gut: Der Himmel ist zwar nahezu komplett bedeckt (wir sehen einzelne blaue Stellen zwischen den Wolken) aber es ist trocken. Auch im Verlauf des Tages bekommen wir nur ein paar vereinzelte Regentropfen ab. Der Great Glen Way beginnt am (wie gestern beschrieben) nur noch rudimentär vorhandenen Fort William und führt dann links am McDonalds-Schnellrestaurant vorbei in ein Wohngebiet. Immer entlang des Ufers vom Loch Linnhe geht es in Richtung der Mündung des Flusses Lochy. Wer die schottischen Vorsilben für geographische Bezeichnungen kennt, wird sich nicht wundern, dass die hier stehende Burgruine Inverlochy Castle heißt. Diese ab etwa 1270 errichtete Befestigungsanlage war der Vorgänger von Fort William.

Über einen kleinen Steg - direkt neben der nicht viel breiteren Eisenbahnbrücke - überqueren wir den Lochy und kommen zu den Ortschaften Lochyside und Caol. Hier können wir noch ein Stück direkt am Loch Linnhe laufen. Am Strand dieses Meeresarmes liegt sogar ein auf Grund gelaufenes Schiffswrack.

Der Weg macht hier einen kleinen Schlenker um einen Sportplatz herum, um zur Mündung des Kaledonischen Kanals kommen. Ab hier laufen wir zunächst immer am Kanal entlang. Nach ein paar hundert Metern erreichen wir eine Kombination von Eisenbahn- und Straßenbrücke. Nach dem Inverlochy Castle kommen wir hier zum zweiten Mal direkt an die Bahnstrecke nach Malleig, über welche auch The Jacobite dampft. Das wäre eine ideale Stelle zum trainspotten und sogar die Uhrzeit würde perfekt passen. Leider haben wir aber Samstag und an diesem Wochentag fährt der Dampfzug nur in der Sommersaison (welche in exakt einer Woche beginnt). Zum Glück haben wir die Fahrzeiten vorgestern nachrecherchiert, sonst wären wir nun leicht enttäuscht. Trotzdem stehen insgesamt drei tapfere Trainspotter breit, einer sogar mit richtig gutem Fotoequipment.

Hinter den Brücken kommt die bekannte Neptune's Staircase, eine Aneinanderreihung von insgesamt acht Schleusen. Ein Schiff kann hier innerhalb von 90 Minuten einen Höhenunterschied von 64 Metern überwinden. Wir schauen uns ausgiebig um, schaffen die 64 Meter aber trotzdem in deutlich weniger als 90 Minuten. Hinter den Schleusen verläuft der Great Glen Way als gutes Forststräßchen immer entlang des Kanals. Im Vergleich zum West Highland Way sind hier deutlich weniger andere Wanderer unterwegs. Man könnte boshaft sein, und den Weg als langweilig bezeichnen. Täte ihm damit ein wenig unrecht. Es bieten sich viele schöne Blicke, zum Beispiel zurück auf den Ben Nevis (heute wieder etwas schüchtern in Wolken) und auf die immer näher rückenden Berge vor uns. Und wir sehen viele Schafe mit süßen und ganz kleinen Lämmern.

Auch sehr interessant zu sehen: an den eigentlich kargen Highlandbergen neu angelegte Nadelwälder. Was soll das, könnte man sich denken - lasst' doch die Berge wie sie sind. Es ist allerdings so, dass die Landschaft hier früher tatsächlich fast komplett mit Nadelwäldern bedeckt war. Schon in der Steinzeit wurde mit der Abholzung begonnen und spätestens als die Engländer Holz für den Schiffbau benötigten und danach auch noch auf dem Gelände Schafzucht betrieben wurde, waren die Wälder am Ende. Heute wird teilweise wieder aufgeforstet, auch wenn wohl die schottische Tourismusindustrie nicht immer ganz glücklich darüber ist - zu gut lebt man vom Klischeebild der kargen Landschaften.

Kurz vor der Schleuse von Gairlochy kommen wir an einer antiken Drehbrücke vorbei: die Stahlkonstruktion stammt aus dem Jahre 1820 und noch heute sitzt in einem winzigen Häuschen neben der Brücke ein Mensch und wartet auf Kundschaft, die die Brücke überqueren will. Ein paar hundert Meter weiter verlassen wir den Great Glen Way und folgen der B8004 für ein paar Kilometer nach Osten. Direkt am Wanderweg hatten wir keine Unterkunft ergattern können (das Angebot ist auch - gelinde gesagt - recht dünn) und daher haben wir uns etwas entfernt in ein edles kleines Hotel eingebucht.

Nachdem wir uns frisch gemacht haben, laufen wir noch die paar hundert Meter zum Commandos Memorial. Über diese im zweiten Weltkrieg gegründeten Spezialeinheiten haben wir ja gestern schon geschrieben. Nach den Krieg wurde hier - nicht weit vom damaligen Ausbildungslager entfernt - ein Denkmal errichtet und etwas später auch ein Erinnerungsgarten. Gerade letzterer ist sehr beeindruckend und bedrückend, zeigt er doch, wie nahe unterschiedliche Schicksale aneinander liegen und wie sinnlos Krieg ist. Wir sehen Erinnerungsplaketten an Veteranen von Schlachten im zweiten Weltkrieg in Norwegen und Burma, die im hohen Alter friedlich verstorben sind. Und direkt daneben blutjunge Burschen, die auf den Falklandinseln oder in Afghanistan gestorben sind.

Zurück am Hotel gibt es noch ein richtig edles Abendessen - dem Niveau des Hauses angemessen. Einfaches Pubessen hätte uns zwar auch gereicht, aber ohne Auto muss man halt nahmen, was es vor Ort gibt.


Inverlochy Castle, Eisenbahn- und Fußgängerbrücke, sowie ein immer noch wolkenverhangener Ben Nevis


Neptune’s Staircase


Drehbrücke von 1820


Das Commandos Memorial

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