19.09.2007: Needles - Los Angeles - Wünderlich

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19.9.2007: Needles - Santa Monica
Ursprünglich hatten wir noch eine Übernachtung irgendwo vor Los Angeles eingeplant, entscheiden uns nun aber spontan, direkt zum Ende der Route 66 bei Santa Monica durchfahren zu wollen. Deswegen brechen wir relativ früh Richtung Westen auf. Die ersten ungefähr 15 Kilometer müssen wir noch auf der I 40 zurücklegen. Dann fahren wir ein kurzes Stück auf der US 95 nach Norden, ehe die Route 66 nach Westen abknickt und in Folgenden in einem großen Bogen durch die Mojave-Wüste führt. Dabei handelt es sich um einen der schönsten Route 66-Abschnitte. Die Wüstenlandschaft ist sehr beeindruckend, vor allem im Kontrast zu den üppig grünen Landschaften des Ostens und mittleren Westens, durch die wir im Verlauf unserer Reise gekommen sind. Die graubraune Ebene, die spärlich mit kleinen Büschen gesprenkelt ist, wird ab und an durch ein paar verfallene Gebäude oder einen auf der über eine weite Strecke direkt nebenan verlaufenden Bahnstrecke fahrenden langen Züge der BNSF Railway aufgelockert. Wir sind froh, dass unser Impala eine gut funktionierende Klimaanlage hat und wir nicht wie in den 30er Jahren des 20ten Jahrhunderts nach Westen strebenden Menschen aus dem mittleren Westen in einem Model T oder etwas ähnlichen hier durch müssen.


Zug neben der Route 66 in der Mojave-Wüste

Die erste nennenswerte Ortschaft, durch die wir in der Mojave-Wüste kommen, ist Goffs. Dieses Städtchen wurde 1883 als Station an der Eisenbahnlinie gegründet und wurde später auch als Zugang zu den Minen in Searchlight, Nevada verwendet. Bergab ging es aber schon ab 1931, als die seitdem begradigte Route 66 die Stadt um 10 Kilometer verfehlte. Im zweiten Weltkrieg wurden in der Nähe Soldaten für den Wüstenkrieg ausgebildet.

Am Ortseingang steht ein aufgegebener General Store, der momentan dabei ist, zu verfallen. Vor diesem Laden treffen wir eine ziemlich große Gruppe Motorradfahrer. An der Stelle, die man am ehesten als Stadtzentrum bezeichnen kann, biegen wir auf eine Nebenstraße ab, um uns das alte Schulhaus anzuschauen. Dieses wurde 1914 gebaut, als die Bevölkerung in der Umgebung stark anwuchs und wurde gleichzeitig auch als Versammlungsgebäude verwendet. 1999 wurde das bis dahin völlig verfallene Gebäude von der Mojave Desert&Heritage Cultural Association mustergültig wieder restauriert. Der Garten des Gebäudes ist schön urig, mit Windrad und Kakteen. Als wir uns dem Tor nähern, hebt eine ganze Gruppe Geier ab, die es sich auf dem Tor gemütlich gemacht hatte. Die Vögel kreisen eine Weile über uns, ziehen dann aber weiter.


Windrad im Garten des alten Schulhauses in Goffs

Als wir schon fast wieder weiterfahren wollen, kommt von irgendwoher ein älterer Mensch in einem Elektrowägelchen angerollt. Wie viel Glück wir haben, einen Einwohner von Goffs zu treffen, wird deutlich, als wir nach der aktuellen Einwohnerzahl fragen. Er überlegt kurz und gibt uns dann die Auskunft, das es wohl um die 30 Leute sind, die in einem 15 Meilen großen Gebiet in Trailern leben.

Kurz vor Essex kreuzt die Route 66 die Interstate und verläuft im Folgenden südlich der Autobahn. Als 1977 Johnny Carson diese damals schon abgelegene Ortschaft sah, hat er voller Mitleid mit seinem eigenen Geld dem Ort eine TV-Relaisstation spendiert. Die Bewohner bedankten sich mit gemeinschaftlichen Johnny Carson Show-Anschauen.

Kurz vor Cadiz überquert die Straße einen kleinen Höhenrücken. Hier halten wir an, um die Wüstenstimmung zu genießen. Während wir am Straßenrand stehen, donnern die Motorradfahrer vorbei, die wir schon in Goffs getroffen haben. Eine kurze Strecke später fällt die Route 66 schön in die flache Wüste ab. In Cadiz stoppen wir noch mal und finden dabei den sprichwörtlichen Fisch in der Wüste. Hier haben auch am Straßenrand Generationen von Route 66-Fahrern ihre Spuren hinterlassen, indem sie aus Steinen Muster oder ihre Namen gebildet haben.


Mojave-Wüste


Route 66 in der Mojave-Wüste


Der sprichwörtliche Fisch in der Wüste

Etwas später kommen wir zu einer weiteren Geisterstadt, nach Amboy. Das Motel sieht so aus, als sei es erst seit kurzer Zeit außer Betrieb. Tatsächlich gibt es immer wieder Gerüchte, Amboy solle als Ganzes restauriert und dann als Touristenattraktion vermarktet werden. Wir überholen die Motorradgruppe wieder und verlassen kurz hinter Amboy die Route 66. Etwas südlich liegt der Amboy Crater, ein Vulkankrater. Über eine leicht ruppige Straße fahren wir zu einer Aussichtsplattform und hoffen dabei, dass wir in dieser gottverlassenen Gegend keine Reifenpanne haben. Die Straße führt nicht ganz bis zum Krater. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass direkt südlich ein Trainingsgelände der US Marines liegt. Der Kanonendonner, den wir hören, scheint ziemlich nahe zu sein, so dass wir gerne darauf verzichten, zu Fuß in Richtung Krater zu laufen.


Amboy Crater

Einige Kilometer später kommen wir an Bagdad vorbei. Diesem Ort wurde mit "Bagdad Cafe", in Deutschland besser bekannt als "Out of Rosenheim" ein filmisches Denkmal gesetzt. Allerdings ist der Name des Films streng genommen Betrug, dann das Cafe steht in der Ortschaft Newberry Springs, die wir nur wenig später erreichen. Wir schauen kurz in das urige und gemütliche Cafe rein und überholen dann die Motorradfahrer zum letzten Mal.


Bagdad Cafe in Newberry Springs

Bei Ludlow überqueren wir wieder die I40 und nähern uns immer in Reichweite der Autobahn Barstow. Das ist ein hübsches Städchen mit netten Motels. Eines davon - das berühmte El Rancho Motel - war ursprünglich komplett aus alten Bahnschwellen konstruiert, ist aber 2004 teilweise abgebrannt.

In Helendale, knapp 30 Kilometer hinter Barstow wartet eine typische Route 66-Sehenswürdigkeit auf uns: Der Flaschengarten von Elmer Long. Dieser Mensch hat auf seinem Grundstück einen bizarren Wald aus auf seitlich Stangen befestigten Flaschen geschaffen. Den oberen Abschluss der Stangen bildet Gerümpel, wir sehen alte Schreibmaschinen, Registrierkassen, Nähmaschinen, Sägen und jede Menge anderes Zeug. Obwohl es sich um Privatgrund handelt, sind Besucher herzlich willkommen. Im Gegensatz zu den wesentlich häufigeren "Do not enter"- Schildern heißt es hier freundlich: "Do not leave".


Flaschengarten in Helendale

Wir kommen allmählich in eine deutlich grünere Gegend. In Victorville ärgert uns unser Route 66-Reiseführer ein letztes Mal, indem eine Abzweigung falsch beschrieben wird. Kurz darauf fahren wir, teilweise auf der I 15, teilweise auch auf einer schönen kleinen Straße nebenan, steil bergab in Richtung San Bernadino. In San Bernadino durchqueren wir zunächst ein Industriegebiet mit großen Stahlwerken, ehe wir am frühen Nachmittag die Durchquerung von Los Angeles in Angriff nehmen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Stadt, sondern um 88 unabhängige Städte, die zu einer Megapolis verwachsen sind. Wir wollen diesen Moloch nicht auf Freeways sondern entlang der alten Route 66 durchqueren. Dabei kommen wir durch schöne und schäbige Wohngebiete, vorbei an Universitäten und Schulen, Supermärkten und jeder Menge anderer Geschäfte. Alle ein, zwei Straßenblocks müssen wir an einer roten Ampel halten. Katharina hat in unserem Atlas die Detailkarte von Los Angeles aufgeblättert und liest die Namen der Städte vor: Rialto, Fontana, Rancho Cucamonga, Upland, .... Nach zwei Stunden sind wir nicht wirklich viel weiter gekommen und beginnen uns Sorgen zu machen, ob wir es noch bis zum Sonnenuntergang zum Pazifik schaffen.

Um 17 Uhr erreichen wir schließlich Pasadena. Kurz darauf können wir einen kurzen Blick auf das berühmte Hollywood-Schild erhaschen. Von Pasadena nach Santa Monica brauchen wir weitere zwei Stunden und kommen dabei durch Gegenden mit so klangvollen Namen wie West Hollywood und Beverly Hills. Als wir endlich in Santa Monica ankommen, suchen wir uns ein Motel. Dirk hat von der anstrengenden Fahrerei Kopfschmerzen und möchte sich am liebsten nur noch ins Bett legen. Dennoch machen wir uns auf, um die Reststrecke bis zum Meer auch noch zurückzulegen. Wir wollen auf dem Santa Monica Pier parken, nahmen die falsche Abzweigung und landen auf dem Pacific Coast Highway. Dank Lisa schaffen wir es aber relativ schnell wieder zum Pier, wo wir aus dem Auto springen und gerade noch sehen, wie die Sonne untergeht.


Route 66 in Los Angeles


Sonnenuntergang am Santa Monica Beach

Wir laufen den Pier bis zum Ende ab. Vor uns dehnt sich, scheinbar unendlich weit, der Pazifische Ozean aus. Hier findet auch unsere Fahrt quer durch die USA ein Ende. Wir fühlen uns gleichzeitig glücklich, stolz und traurig. Das Gefühl, jeden Tag immer weiter nach Westen zu fahren, wird uns fehlen.

Aber zunächst stehen noch zwei Tage Los Angeles auf dem Programm. Heute Abend schauen wir uns noch die Strandpromenade von Santa Monica an (mit Einbruch der Dunkelheit beziehen hier äußerst zwielichtige Gestalten Quartier) sowie die schöne Fußgängerzone.

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