2.9.2007: Chicago
Das schöne an Chicago ist, dass sich ein großer Teil der wichtigen Sehenswürdigkeiten in einen relativ kompakten Bereich verteilt, und somit problemlos zu Fuß besuchbar ist. Wir laufen als erstes über die Ohio Street zur Magnificent Mile. Diese Pracht- und Einkaufsstraße erinnert an die 5th Avenue in New York, aber Chicago erscheint uns am Allgemeinen etwas ruhiger und weniger stressig als New York. Wir schlendern die Mag Mile nach Norden, vorbei am alten Wasserturm (mit Pumpstation), das einzige Gebäude, das den verheerenden Brand von 1871 überstanden hat. Neben dem historischen Wasserturm stehen heute das Water Tower Center, ein großes Einkaufszentrum und direkt daneben das John Hancock Center. Wir haben Eintrittskarten für die Aussichtsplattform dieses 344 Meter hohen Wolkenkratzers. Das Personal an der Kasse hat scheinbar jedoch wenig Erfahrung mit online gekauften Tickets und verhält sich dementsprechend planlos. Ebenso das Personal auf der Aussichtsplattform: Wir müssen erst lange suchen, bis wir jemanden finden, der uns die Abspielgeräte für die Audiotour gibt. Das Gebäude an sich und der gebotene Aussicht sind aber genial, vor allem, da das Wetter für Chicago-Verhältnisse außerordentlich gut ist: Es ist strahlend blauer Himmel, der Blick wird in alle Himmelsrichtungen nur durch einen Dunstschleier am Horizont begrenzt. Im Gegensatz zu New York, das durch East River und Hudson River durchschnitten wird dehnen sich hier die parallel verlaufenden Straßen der Stadt scheinbar endlos bis zum Horizont aus. Im leuchtend blauen Lake Michigan sind sehr gut die diversen Schiffswracks zu erkennen. Besonderes Augenmerk im Westen ist das nur knapp 80 Meter niedrigere Bloomingdales Building mit seinen 4 Türmchen.
Blick vom John Hancock Center nach Süden
Wieder auf Straßenniveau angekommen, folgen wir der Mag Mile nach Süden. Kurz bevor die Straße den Chicago River kreuzt, kommen wir zu zwei der bekanntesten Gebäude Chicagos: Das Wrigley Building und der Chicago Tribune Tower. In den Außenwänden des letztgenannten sind Stücke aus Wänden anderer bekannter Gebäude der ganzen Welt eingelassen. Wir finden zum Beispiel Teile der Berliner Mauer, vom Taj Mahal und der großen chinesischen Mauer. Wir umrunden das schlichte aber elegante AON Center und kommen so zum Millenium Park. Dieser ist in unserem nagelneuen Marco-Polo-Reiseführer gar nicht bzw. falsch eingezeichnet. Im Millemium Park finden wir die bekannte gigantische Bohne aus poliertem Stahl (Cloud Gate), in der sich je nach Blickwinkel unterschiedliche Teile der Skyline oder des Parks spiegeln. Besonders dramatisch ist der Effekt, wenn man direkt unter der Bohne steht und nach oben schaut… Ein wenig weiter steht die Crown Fontain, eine moderne Brunneninstallation aus zwei großen, ständig wasserüberspülten Glastürmen. Auf die Glasoberflächen werden Gesichter von Einwohnern Chicagos projiziert, die nach einiger Zeit aus ihren Mund eine Wasserfontäne ins Brunnenbecken spritzen. Die momentan sehr warmen Temperaturen haben zur Folge, dass der Brunnen von jeder Menge Kiddies in Badeklamotten zur Erfrischung benutzt wird.
Wrigley Building und Chicago Tribune Tower an der Magnificent Mile
Bohne im Millenium Park
Blick von unten auf die Bohne im Millenium Park
Wir setzen unsere Tour fort und erkunden den Innenbereich des Loop, des von der Hochbahn umschlossenen Bereichs der Innenstadt. Hier folgen wir der State Street nach Süden und biegen dann an der Harold Washington Library nach Westen ab. Vorbei am Chicago Board of Trade und der Rookery kommen wir so zum Sears Tower. Diesen umrunden wir und spazieren über Adams und Clark Street zum Richard Daley Center und zur City Hall. Diese Gebäude dürften jedem bekannt vorkommen, der den Kultstreifen "Blues Brothers" gesehen hat. Direkt nebenan steht ein architektonisches Highlight, das einem gelandeten UFO nicht unähnliche R. J. Thomson Center. Leider hat dieses aber geschlossen, so dass wir uns das Innere nicht anschauen können. Nur ein paar hundert Meter weiter befindet sich das Marshall Fields-Kaufhaus. Als wir mit offenen Mündern das Atrium des Gebäudes bewundern, spricht uns eine Kaufhausangestellte an, und empfiehlt uns, das zweite Atrium anzuschauen, in diesem gäbe es eine schöne Tiffanys-Decke. Was soll man sagen, die Dame hat Recht. Im Vergleich zu den in Deutschland üblichen Kaufhäusern in 50er-Jahre Architektur ist das Marschall Fields ein wahres architektonisches Juwel.
Sears Tower
Picasso-Statue vor dem Richard J. Daley Center
Atrium im Marshall Fields-Kaufhaus
An der Baustelle des neuen Trump International Hotel and Tower laufen wir wieder Richtung Osten, überqueren den Chicago River und kommen nach einiger Zeit zum Navy Pier. Dass dieser Pier nicht mehr militärischen Zwecken dient, mag ja ganz schön sein, aber der Vergnügungspark, der dort errichtet wurde, sagt uns auch nicht allzu sehr zu. Wahrscheinlich ist der Grund für unseren negativen Eindruck aber nur, dass es das Labour Day-Wochenende ist, und der Pier von wahren Menschenmassen überströmt wird. Wir bleiben jedenfalls nicht lange und sehen uns lieber die nahe gelegene Baustelle des zukünftig höchsten Gebäudes Chicagos an: An der Water Street soll bis 2011 der 610 Meter hohe Chicago Spire entstehen. Noch ist nicht viel zu sehen, es sind lediglich erste Arbeiten am Fundament im Gange. Wir prägen uns die Stelle ein und nehmen uns vor, in ein paar Jahren wieder zu kommen, um den Fortschritt der Bauarbeiten zu begutachten.
Blick auf den Chicago River
Riesenrad auf dem Navy Pier
Baustelle des Chicago Spire
Am Abend erleben wir einen besonderen Höhepunkt: Zurzeit findet das Chicago Jazz Festival statt. Neben dem Grant Park (mit der berühmten Fontäne, verewigt im Vorspann der Serie "Eine schrecklich nette Familie") befindet sich das Butler Field mit der Petrillo Music Shell. Hier erleben wir den Sonnenuntergang, während wir wechselnden Jazz-Interpreten lauschen, von experimentell bis klassisch ist alles vertreten.