Samstag, 16.8.2008: Denver
Der heutige Tag sieht, was das Wetter angeht, nicht viel freundlicher aus als gestern, eher noch schlimmer. Unser erster Gedanke am Morgen gilt dem vermissten Koffer. Dieser ist immer noch nicht da, aber laut der Informationswebsite ist er auf dem Weg und soll heute zwischen 7:30 Uhr und 12:30 Uhr ankommen.
Mit dieser Information gehen wir erst einmal frühstücken. Anscheinend findet in Denver ge-rade eine Feuerwehrkonferenz statt, denn der Frühstücksraum ist überfüllt mit lärmenden Feuerwehrleuten. Wir lassen uns das Frühstück aber dennoch schmecken.
Da das Wetter so schlecht ist, beschließen wir, den Vormittag im Museum of Nature and Science zu verbringen. Gleich im Foyer werden wir vom Skelett eines T-Rex begrüßt. Hinter der Kasse hängen an der Decke auch noch die Skelette zweier Plesiosaurier und eines Finnwals. An diesen vorbei begeben wir uns erst einmal in die Abteilung Space Odyssey. Hier kann man selber ausprobieren woher man weiß, dass es auf dem Mars einmal Wasser gab, wie Meteoritenkrater entstehen und wieso wir auf der Erde Sternbilder so sehen wie wir sie sehen.
Wolfsstatue vor dem Museum of Nature and Science
Plesiosaurus-Skelett im Museum of Nature and Science
Die (für uns) noch interessanteren Abteilungen befinden sich aber im ersten und zweiten Stock. Dort gibt es viele sehr liebevoll gestaltete Dioramen, die die Tierwelt Nordamerikas von der Arktis bis zu den Subtropen vorstellen (Wir haben allerdings etwas Mitleid mit den ausgestopften Tieren). Eine eigene Abteilung beschäftigt sich nur mit der Fauna Colorados, die dank der vielen unterschiedlichen Vegetationszonen von der Prärie bis zum hochalpinen Gebirge sehr vielfältig ist.
Eine ebenfalls sehr interessante Abteilung beschäftigt sich mit den Indianern. Hier werden die Kulturen der unterschiedlichen Stämme von den Inuit und Aleuten im Norden bis zu den Navajo im Süden vorgestellt. Dabei findet eine durchaus kritische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Weißen und Indianern statt.
Bekannt ist das Museum auch für seine Dachterrasse, von der aus man angeblich den schönsten Blick auf Downtown hat. Dieser ist aber durch das Wetter ein wenig getrübt…
Blick auf die Downtown von Denver von der Dachterrasse des Museums of Nature and Science
Auf die Abteilungen Ägypten, Paläontologie und Südamerika verzichten wir und machen uns bei etwas besser werdendem Wetter erst einmal auf den Weg in die Innenstadt. Wir parken unser Auto in der 15th Street und laufen hinüber zur 16th Street. Denver ist sehr stolz auf diese eine Meile lange "Fußgängerzone". Genau genommen ist sie länger als eine Meile seit sie 2001 und 2002 zweimal verlängert wurde auf nun 1,25 Meilen. Die Meile Länge ist aber eine Anspielung darauf, dass Denver genau eine Meile, also 1609m, hoch liegt. Nach europäischen Maßstäben ist es eigentlich keine wirkliche Fußgängerzone, da die Fußgänger auf zwei breite Bürgersteige beschränkt sind, zwischen denen die kostenlosen Shuttlebusse fahren. Für normalen Verkehr ist die Straße allerdings gesperrt.
Wir laufen die Straße bis ganz zum Ende. Wieder sind wir begeistert von dem Gemisch aus alten Häusern und moderner Architektur. Etwa nach einem Drittel der Straße erreichen wir den Daniels & Fisher Tower, ein Hochhaus aus dem Jahr 1910, das dem Campanile von San Marco in Venedig nachempfunden wurde. Früher war es Teil eines Kaufhauses, heute beherbergt es ein Cabaret. Am Larimer Square, einer Querstraße mit vielen schön restaurierten alten Häusern, sind, wohl schon im Hinblick auf den bevorstehenden Parteitag der Demokraten, die Flaggen der 50 Bundesstaaten aufgehängt.
Daniels & Fisher Tower
Larimer Square mit Flaggen
Fast am Ende der Straße finden wir schließlich den bekanntesten Buchladen der Stadt, den "Tattered Cover Book Store". Dieser ist ein Paradies für jeden Bücherliebhaber: Die Auswahl ist riesig und die Einrichtung wunderbar altmodisch mit netten Details in der Dekoration (Bei den Handarbeitsbüchern steht zum Beispiel eine alte Singer-Nähmaschine).
Tattered Cover Book Store
Von der Union Station fahren wir, vom Rumlaufen schon etwas ermüdet, mit dem Shuttlebus zurück zum anderen Ende der Straße. Von dort aus laufen wir nun noch einmal vorbei am Kapitol und dem etwas verrückten Gebäude der Bibliothek zum Art Museum. Dieses umrunden wir einmal, bewundern die Kehrbesen- und die Kuh-Skulptur und kehren dann zum Auto zurück.
Denver Union Station
Kehrbesen-Skulptur vor dem Denver Art Museum
Da das Wetter nun viel besser geworden ist, beschließen wir spontan, zum Grab Buffalo Bills in Golden zu fahren, von wo aus man einen sehr schönen Blick auf Denver haben soll. Wir verlassen die Stadt also Richtung Westen. Je weiter wir jedoch in die Berge kommen, desto schlechter wird das Wetter wieder. Als wir schließlich beim Grab ankommen, prasselt ein solcher Platzregen herunter, dass wir gar nicht erst aus dem Auto aussteigen, sondern fluchtartig nach Boulder weiterfahren.
Boulder, unter anderem bekannt aus Stephen Kings Roman "The Stand", ist ein nettes, recht alternatives Universitätsstädtchen am Fuße der Rocky Mountains. Ein Wahrzeichen der Stadt sind die Flatirons, eine Gruppe von Felsen, die entfernt an Bügeleisen erinnern und sich direkt hinter der Stadt erheben. Heute kommen sie allerdings kaum hinter den Wolken hervor.
Flatirons bei Boulder
Von seiner Partnerstadt Duschanbe in Tadschikistan bekam Boulder 1987 ein Teehaus geschenkt. In diesem mit Porzellankacheln in zentralasiatischem Stil verkleideten Haus befindet sich ein edles Café.
Dushabe Tea House in Boulder
Boulder hat außerdem eine hübsche Fußgängerzone (diesmal wirklich) mit vielen, teilweise recht alternativen, Geschäften. Das Angebot erinnert uns ein wenig an das Tollwood Festival in München. Die Häuser in der stark begrünten Fußgängerzone sind sehr schöne alte Backsteinbauten. Überall stehen Statuen herum.
Fußgängerzone von Boulder
Wir fahren hinter der Stadt die Flagstaff Road hinauf in die Berge. Von dort hat man, dank des inzwischen wieder sehr viel besseren Wetters, einen schönen Blick auf die Ebene. Wir fahren hinauf bis zum Sunrise Amphitheatre. Hier steht auch der namensgebende Fahnenmast. Wenn man vom Amphitheater ein wenig den Berghang hinunter klettert, kann man auf Boulder hinuntersehen.
Blick auf Boulder vom Sunrise Amphitheater
Auf der Fahrt wieder ins Tal kommen uns einige Radler entgegen. Einer von ihnen macht uns sonderbare Handzeichen. Wir können sie nicht deuten, bis wir hinter der nächsten Kurve ein Mule(?) Deer am Straßenrand stehen sehen. - Es wird nicht das letzte auf unserer Reise bleiben.
Auf der Rückfahrt nach Denver gönnen wir uns noch ein Abendessen bei Cracker Barrel. Darauf haben wir uns seit einem Jahr gefreut. Das Essen ist wieder sehr lecker und ebenso reichlich.
Vollgefressen und müde kommen wir gegen 20:30 Uhr im Hotel an, wo tatsächlich unser verlorener Koffer schon auf uns wartet. Glücklich darüber gehen wir ins Bett, wir müssen morgen schließlich früh raus…