30.09.2018: Niort - La Rochelle - Wünderlich

Wir sind in einem sehr familiären Hotel gelandet mit einem sehr guten und vom Chef persönlich servierten Frühstück. Nachdem wir uns gestärkt haben, rollen wir durch die noch recht leere Fußgängerzone von Niort zum großen Donjon an der Sèvre und entlang dieses Flusses nach Westen. Die ersten Kilometer der Strecke werden von der Niorter Bevölkerung zum Joggen und zum Radeln benutzt und es herrscht schon ein fröhliches Treiben.

Bei La Garette fahren wir ein kurzes Stück auf einen lustigen Holzbohlenweg durch ein wunderschönes sumpfiges Waldstück, hinter der Ortschaft durch eine erstaunlich grüne und feuchte Landschaft, die an eine Mischung aus Spreewald und Lüneburger Heide erinnert und voller neugierig schauender Charolais-Rinder steht.

Einige Kilometer später kommen wir wieder an die Sèvre, der wir in vielen Schleifen und Bögen nach Westen folgen. Das Ufer ist fast durchgehend mit schmucken Gebäuden bebaut und immer noch viel stärker bewaldet als wir erwartet hätten.

Erst als wir an den Canal Canal du Nouveau Béjou kommen, der uns direkt Richtung Osten zur netten Ortschaft Marans führt, nimmt die Vegetation stark ab und die Landschaft sieht endlich so aus, wie man sich das in ein paar Kilometern Entfernung vom Meer vorstellen würde. Marans selber wirkt auch fast wie eine Ortschaft in der Nähe von Venedig – propere Häuser, der große Kanal in der Mitte und ein Hafen voller seetauglicher Segelboote und Yachten.

Hinter Marans biegt unsere Route nach Süden ab und verläuft mehr oder weniger schnurgerade entlang des Canal de Marans à la Rochelle nach Südwesten. Hier treffen wir auch auf den vom Nordkap über Großbritannien bis an die Südspitze von Portugal führenden Eurovelo 1.

Kaum sind wir auf dieser prominenten Route unterwegs, steigt die Anzahl von Fernradlern denen wir begegnen. Zum Beispiel Owen aus Kalifornien, der eigentlich von Südfrankreich nach Budapest fahren wollte, sich aufgrund seines beneidenswert relaxten und völlig ungeplanten Reisestils wohl aus Zeitmangel irgendwann einen anderen Zielort ausdenken muss.

Die Landschaft bleibt karg – wir befinden uns auch immer noch nur knapp zehn Kilometer östlich vom Meer. Kurz vor La Rochelle ist der Streifen beiderseits des Kanals etwas dichter mit Büschen und Bäumen bewachsen – und so zieht sich der Radweg bis fast in die Innenstadt hinein. Hier müssen wir zweimal eine etwas größere Straße überqueren und dann etwas durch ein Neubaugebiet radeln – immer auf guten Radwegen – und sind dann schon im Innenstadtbereich angelangt, mit dem Hafen und seinen drei Türmen, den Tour des Quatre Sergents, den Tour de la Chaune und den leicht schief stehenden Tour Saint-Nicolas. Vorbei an Touristenlokalen rollen wir zu unserem vorgebuchten Hotel.

Nachdem wir uns frisch gemacht haben, laufen wir zurück zum Hafen. Neben den drei Türmen ist eines der hervorstechenden Gebäuden die Grosse Horloge, ein Stadttor mit Uhrturm. Direkt dahinter finden wir eine wirklich herausragende Eisdiele – herausragend sind aber nicht nur die Qualität sondern auch die Preise (und das selbst im Vergleich zu Münchener Verhältnissen). Wir laufen bis zum Strand Plagne de la Concurrence. Die Sonne steht schon sehr tief vor uns – und hier sind wir nun nach all den Stunden auf dem Fahrrad endlich am Atlantischen Ozean angelangt. Ein schönes Gefühl.

Für den Abend haben wir – mit Hilfe von Katharinas Eltern – ein Treffen mit guten Familienfreunden eingefädelt. Laurent holt uns netterweise mit dem Auto ab und bringt uns in das einige Kilometer entfernte Domizil seiner Familie. Hier verbringen wir einen sehr schönen Abend mit Laurent, seiner Frau, seiner Tochter und der Nachbarskatze. Vielen Dank, es hat uns sehr gut gefallen!