03.10.2018: Royan - Margaux - Wünderlich

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03.10.2018: Royan - Margaux
Das Wetter zeigt sich heute von einer für uns etwas ungewohnten Seite: der Himmel ist komplett bedeckt. Die Temperaturen sind aber angenehm, es regnet nicht und im Verlauf des Tages soll die Wolkendecke auch aufreißen. Also genießen wir das reichliche Hotelfrühstück und machen uns dann auf zur Fähre, die uns nach Pointe de Grave bringen soll, an der Nordspitze des Médoc.

Der Name „Médoc“ stammt ursprünglich aus dem Lateinischen, und zwar von „in medio aquae“, also „inmitten des Wassers“. Damit gemeint sind der Atlantische Ozean und die nahe ihrer Mündung hier sehr breite Gironde. Wie breit, sehen wir bei der Fährüberfahrt – und fühlen uns irgendwie an den Rio de la Plata in Argentinien bzw. Uruguay erinnert.

Aber von Anfang an: An der Fähre steht angeschrieben, dass man mindestens 30 Minuten vor der Abfahrt da sein soll – das haben wir gestern schon gesehen und danach richten wir uns. Allerdings richtet sich diese Zeitangabe wohl eher an Autofahrer zur Hauptsaison und nicht an Radler zur Nebensaison – es ist fast nichts los. Immerhin treffen wir andere Radler: eine Gruppe von vier älteren Franzosen auf coolen Rennrädern. Da wir keine gemeinsame Sprache finden, beschränkt sich das Gespräch auf die Frage, wo wir jeweils herkommen und auf den Kommentar der Franzosen, dass fast alle Fernradfahrer hier aus Deutschland kommen. Besser kommunizieren können wir mit einen jungen und fröhlichen Burschen aus Nantes, der als Saisonarbeiter momentan Urlaub hat und daher spontan beschlossen hat, nach Spanien zu fahren. Das mit einem riesigen Rucksack und auf einem Fahrrad, das man bei uns allenfalls zur Fahrt zum Rewe verwenden würde. Cool. Zudem sind auf der Fähre zwei andere Fernradler, mit denen aber schwer Kontakt herzustellen ist, da sie die ganze Zeit zu zweit auf ihrem Smartphone rumdrücken – da ist das Aktualisieren des Instagram-Accounts wohl wichtiger, als die Reise zu erleben.

Die Fährfahrt dauert etwas weniger als eine halbe Stunde. Im Médoc erwartet uns zunächst ein prima Radweg bis in das Städtchen Soulac-sur-Mer. Das perfekte Asphaltband führt durch dichten Wald und immer wieder ganz dicht an die Dünen entlang. Da dies unsere letzte Möglichkeit ist, ganz ans Meer heranzukommen, parken wir an einer dieser Stellen unsere Räder, laufen auf die Düne und bewundern einige Zeit den Blick auf die heranwollenden Wellen.

In Soulac-sur-Mer verlassen wir endgültig den Eurovelo 1. Während dieser immer an der Atlantikküste entlang nach Süden führt, halten wir uns eher an der östlichen Seite des Médoc, nahe der Küste der Gironde. Aufgrund der Lage des Médoc und der guten Erde ist dies eines der bekanntesten Weinanbaugebiete der Welt und unsere Route führ uns mitten durch. Zunächst fahren wir einige Zeit durch eine normal landwirtschaftlich genutzte Gegend. Teilweise auch durch sumpfige Gebiete, wo wir wieder sehr viele Wasservögel sehen. Nach etwa 40 Kilometern tauchen die ersten Weinfelder auf und deren Anzahl nimmt in den folgenden Kilometern stark zu. Hier folgen wir der Départementstraße 2, die in ihrem nördlichen Bereich noch kaum befahren ist.

An einer Stelle sehen wir auf der Karte eine interessante kreisförmige Struktur und machen einen Abstecher. Es scheint sich um ein ehemaliges Kloster zu handeln. Der noch stehende Teil scheint noch bewohnt zu sein, aber die Anlage war früher wohl viel größer: ein noch stehender großer und freistehender gotischer Fensterbogen zeigt, dass hier früher ein großes Gotteshaus stand. Als wir auf einem Schotterweg auf den kreisförmigen Wassergraben zurumpeln, sehen wir – wie wir denken – vor uns eine Katze auf dem Weg sitzen. Erst als die vermeintliche Katze ausweicht und über eine Wiese davonrennt, sehen wir rotes Fell und einen buschigen Schwanz – das war keine Katze sondern ein Fuchs.

Wieder zurück auf der D2 kommen wir an einem who-is-who an Weinorten und Châteaus vorbei. Ortschaften wie Saint-Estéphe oder Paulliac sind dabei und zum Beispiel die Chateaus Mouton Rothshild und Lafite Rothschild. Die Gebäude der bekannten Weinkellereien überbieten sich geradezu im Prunk und Protz – teilweise legen wir auch kleinere Abstecher ein, um besonders schöne Gebäude zu sehen.

In der Ortschaft Paulliac legen wir am lokalen Supermarkt eine kurze Pause ein. Die Innenstadt wirkt nun in der Nebensaison leicht ausgestorben – was uns aber in Erinnerung bleiben wird, ist, dass diese Stadt ihre Partnerstädte nach dem Klang des Ortsnamens ausgesucht hat. Dabei ist Pullach bei München und am Pullacher Platz finden wir auch einen schönen Maibaum. Auf den Tafeln werden die beiden Partnerstädte gegenübergestellt.

Bei der Ortschaft Cussac-Fort-Médoc verlassen wir kurzzeitig die D2, um uns das Fort Mèdoc anzuschauen. In den 80er Jahren des 17ten Jahrhunderts wurde hier an beiden Ufern mit dem Bau von Forts begonnen, um die Gironde vor einlaufenden Feinden zu schützen. Während sich die am anderen Flussufer stehende Zitadelle von Blaye heute noch mehr oder weniger im Originalzustand befindet, wurde Fort Médoc vor etwa 100 Jahren aufgegeben und verfiel völlig. Erst nach der Mitte des 20ten Jahrhunderts wurde es teilweise wieder aufgebaut und die sehr interessante Mischung aus Original und Rekonstruktion bekam inzwischen den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes.

Nun haben wir nur noch ein paar Kilometer auf der hier stärker befahrenen D2 zu überstehen. Wir haben ein Zimmer im kleinen Weinort Margaux vorgebucht. Unterkunft und Zimmer sind toll. Nach einem Spaziergang durch den Ort mit Abstecher in die Weinfelder gibt es ein leckeres Abendessen – natürlich auch mit einem Glas Wein aus der Gegend.

Tageskilometer: 102.0 km, Gesamtstrecke: 1855 km

Auf der Fähre über die Gironde


Dünen bei Rocher de Saint-Nicholas


Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande


Sonnentor von Fort Medoc

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