25.03.2009: Grand Canyon Village - Wünderlich

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Mittwoch, 25.3.2009: Grand Canyon Village
oder: Am Abgrund
Wir werden gegen fünf Uhr wach. - Wollten wir nicht eigentlich schon vor zehn Minuten aufstehen?! Schnell machen wir uns fertig, hüpfen ins Auto und fahren zum Trailhead des South Kaibab Trail. Da die Zufahrt direkt zum Trailhead für Privatautos gesperrt ist, stellen wir unser Auto an einem Picknickplatz neben der Straße ab und laufen die letzten paar Meter zum Rim.

Dann liegt er vor uns: Konnten wir gestern im Dunkeln nur ahnen, dass irgendwo neben uns ein Canyon liegen müsste, so liegt er jetzt im Dämmerlicht vor uns. Zwar ist die Wirkung nicht mehr ganz so atemberaubend wie beim ersten Mal vor eineinhalb Jahren, doch auch heute sind wir gebührend beeindruckt von diesem Naturwunder. Vielleicht auch, weil uns bewusst wird, dass wir dessen gewaltige Dimensionen heute auch noch auf andere Art ermessen werden...

Wir machen uns also auf den Weg. Anfangs geht es in Serpentinen abwärts. Diese sind ziemlich ausgetreten und die Hölzer, die wohl ursprünglich hier eingebaut wurden um die Erosion zu verhindern, machen den Abstieg nicht gerade einfacher. Bald geht die Sonne auf und taucht die obersten Spitzen der Canyonwände in ein goldenes Licht - ein eindrucksvolles Schauspiel. Dieses wirkt besonders beeindruckend am Oh Ah Point, von wo aus sich ein toller Blick auf einen exponierten Gesteinsgrat bietet. Wir steigen weiter hinunter durch die zunehmend wüstenartige Landschaft. Bald tauchen am Wegrand blühende Kakteen und Agaven auf.



Sonnenaufgang am Grand Canyon


Der South Kaibab Trail


Blühende Kakteen im Grand Canyon

Vorbei am Skeleton Point erreichen wir schließlich das Plateau, das sich etwa auf einem Drittel der Canyonhöhe erstreckt und das von der Rimkante aus fast überall den Blick auf den Fluss verdeckt. Irgendwo hier müsste der West Tonto Trail abgehen, der eine Abkürzung hinüber zum Indian Garden bildet. Ursprünglich wollten wir uns diesen als Option offenhalten, falls wir das Gefühl hätten, den gesamten Canyon nicht zu schaffen. Da wir uns noch recht fit fühlen, brauchen wir diesen Trail eigentlich nicht. Dennoch sind wir etwas beunruhigt, als wir ihn nirgends sehen. Sind wir vielleicht falsch abgebogen und schon mitten auf dem Weg über das Plateau? Wir fragen zwei entgegenkommende Wanderer. Wo wir hin wollen? Nach unten? - Dann sind wir definitiv auf dem richtigen Weg.

Bald können wir das selber sehen: Wir erreichen die Kante zum inneren Canyon. Hier ändert sich die Landschaft gravierend: Während im oberen Canyonbereich die Tafelberge vorherrschten, die man auch vom Blick von oben kennt, besteht der untere Canyonteil aus steilen Felswänden, wie wir sie schon im Black Canyon of the Gunnison gesehen haben - nur diesmal in rot. Teilweise erinnert uns die Landschaft an Bilder, die wir vom Himalaya gesehen haben und fast rechnen wir damit, hinter der nächsten Wegbiegung ein Kloster wie ein Schwalbennest an der Wand kleben zu sehen. Dies sehen wir zwar nicht, dafür ein paar Dickhornschafe. Hier kommt uns nun auch die erste Mulikarawane entgegen. Geduldig warten wir am Wegrand, bis die Reiter vorbeigezogen sind. Jeder von diesen hat einen anderen vermeintlich witzigen Spruch auf Lager, dem Inhalt, wie arm wir doch wären, das alles zu Fuß zurücklegen zu müssen, was sie bequem auf dem Mulirücken erreichen.


Mulikarawane auf dem Weg nach oben


Der innere Canyon

Kurz darauf bietet sich uns der erste Blick auf den Colorado und auf die Kaibab Suspension Bridge, eine schöne Hängebrücke aus dem Jahr 1921. Durch einen kleinen Tunnel betreten wir die Brücke und überqueren auf ihr den Fluss. Am anderen Ufer kommen wir zunächst an einigen indianischen Ruinen vorbei. Dann sehen wir vor uns das saftig grüne Wäldchen an der Mündung der Bright Angel Creek. Unglaublich, was hier alles wächst! Hier geht der Trail zur Phantom Ranch ab, wo anscheinend gerade die beliebteste Zeit zum Aufbruch herrscht, jedenfalls sind Heerscharen vollbepackter Wanderer unterwegs. Wir setzten uns auf eine Holzbank und verzehren unser Frühstück, das wir vehement gegen ein vorwitziges Squirrel verteidigen müssen.


Die Kaibab Suspension Bridge


Am Bright Angel Creek

Gestärkt ziehen wir weiter und erreichen wenig später eine weitere Hängebrücke, die in den 60ern zusammen mit der Pipeline zur Versorgung der Phantom Ranch gebaut wurde. Auf ihr gelangen wir wieder auf das südliche Flussufer. Der Trail folgt noch einige Zeit lang dem Fluss und gewinnt auch schnell an Höhe. - Doch zu früh gefreut: bald geht es wieder hinab und als sich der Weg schließlich ganz vom Fluss trennt, sind wir wieder fast auf Uferhöhe.


Am Colorado River

Jetzt geht es aber wirklich nach oben und zwar durch einen kleinen Nebencanyon, in dem ein kleines munteres Bächlein fließt. An ein paar Stellen müssen wir dieses sogar durchqueren. Nach längerem Anstieg erreichen wir ein geradezu paradiesisches grünes Wäldchen, dessen Bäume teilweise leuchtend-lila blühen: Die ersten Ausläufer des Indian Garden? Der Gedanke, dass es bis dorthin nun nicht mehr weit sein kann, erweist sich aber als Trugschluss. Trotz der schönen Landschaft zieht sich dieses Stück Weg dann doch ganz schön, vor allem, da wir hier keine Anhaltspunkte dafür haben, wie weit oben wir schon sind. Endlich erreichen wir aber doch den Indian Garden und legen hier erst einmal eine kleine Rast ein.


Blühende Bäume am Bright Angel Trail

Hinter dem Indian Garden verläuft der Weg einige Zeit sehr flach, doch vor uns erhebt sich schon die scheinbar unbezwingbare Wand. In Serpentinen geht es dann wieder nach oben. Je höher wir kommen, desto mehr Menschen begegnen uns, teilweise noch auf dem Abstieg, teilweise auf dem Aufstieg. Bei dem Anblick einiger von ihnen, wird uns klar, warum davor gewarnt wird, an einem Tag nach unten und wieder hinauf zu steigen. Nicht, dass diese Menschen nicht fit wären, nein, das sind sie definitiv, doch sie haben zum Großteil wohl keinerlei Bergerfahrung und wissen nicht, wie sie ihre Kräfte einteilen sollen. Wie oft werden wir in einem riesigen Tempo überholt, nur um den Überholer wenig später keuchend am Wegrand stehen zu sehen - und wenig später zieht er wieder an uns vorbei. Für uns ist es eine große moralische Stütze, dass sich auf dem Bright Angel Trail, auf dem wir uns hier befinden, in regelmäßigem Abstand von 1.5 Meilen jeweils ein Rasthäuschen befindet. Diese können wir uns schön als Etappenziele setzten und sie zeigen uns, dass wir gut vorankommen.


Rückblick auf den Bright Angel Trail


Menschenmassen auf dem Bright Angel Trail

Als wir schließlich den Rim erreichen, kommen wir uns vor, als wären wir in einer andern Welt gelandet: Alles ist voller leichtbekleideter lärmender Leute. Wir kaufen uns jeder ein Eis, setzten uns auf eine Bank und genießen es, endlich unsere Füße von uns strecken zu können. Dann besteigt Dirk den Shuttlebus um unser Auto wieder zu holen, während Katharina in die Cabin zurückkehrt, die verschwitzten Klamotten wechselt und den roten Staub vom Körper duscht. Genau dies tut auch Dirk, als er schließlich nach einer Odyssee durch den halben Park zurückkehrt.

Nachdem wir uns noch ein wenig ausgeruht haben, gehen wir wieder zum Rim und beobachten den Sonnenuntergang. Dieser fällt allerdings recht mager aus, da mittlerweile wieder Wolken aufgezogen sind. Nun begeben wir uns zum Restaurant und bekommen dort einen Beeper, mit dem wir angebeept werden, sobald ein Tisch frei ist. Bis es so weit ist, stöbern wir noch ein wenig im Gift Shop. Das Essen tut gut nach dem anstrengenden Tag, auch wenn die Lasagne nicht ganz das ist, was wir uns darunter vorgestellt haben. Müde kehren wir dann in unsere Cabin zurück.


Sonnenuntergang am Grand Canyon
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