07.09.2022: Tarvisio - Venzone - Wünderlich

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07.09.2022: Tarvisio - Venzone
Der Wetterbericht für die kommenden Tage ist nicht allzu gut und es soll regnen. Das kann man sich noch gar nicht vorstellen, denn aktuell ist der Himmel noch wunderschön wolkenlos und blau. Wir rollen zurück zum alten Bahnhof von Tarvisio. Der Radweg heißt nun Pontebbana-Radweg, nach der alten stillgelegten Bahnlinie. Das Tal, in dem wir unterwegs sind heißt Kanaltal. In Tarvisio buchen die Anbieter von geführten Radtouren anscheinend ein wenig dezentraler als wir. Jedenfalls stoßen in den ersten paar Kilometern immer mehr andere Radler von links und rechts auf den Radweg. Bis zur Ortschaft Camporosso verläuft diese noch leicht bergauf. In Camporosso selber machen wir einen kleinen Einkauf. Direkt an der Kasse wird Alex wohl von einer Wespe in den Finger gestochen, was einen netten Kassierer dazu veranlasst, einen Eisbeutel zu holen und uns zu helfen. Glücklicherweise geht der Schmerz schnell vorbei und es gibt auch keine schlimmeren Folgeerscheinungen.

Kurz hinter Camporosso erreichen wir den höchsten Punkt des Radwegs und was folgt ist eine der schönsten Routen, die wir jemals gefahren sind. Die Gebirgslandschaft ist atemberaubend und die Strecke verläuft über fast 40 Kilometer stetig bergab. Der Radweg selber verläuft immer mit etwas Abstand zur Straße, typisch Bahnlinie eben. Es gibt einen Mittelstreifen und schön angelegte Rastplätze. Soweit ist das Ganze schon toll genug, aber als die ersten alten Bahntunnel dazu kommen, wird es spektakulär. Die Tunnel sind teilweise richtig lang und die Luft darin ist schön kühl. Ein toller Kontrast zur Wärme außerhalb.

Bis Pontebba, nach dieser Stadt sind die Bahnlinie und auch der Radweg benannt, ist das Tal noch verhältnismäßig breit, so dass die verschiedenen Verkehrsträger, der Radweg, die neue Bahnlinie, die Bundesstraße und die Autobahn bis auf einzelne Ausnahmen recht viel Abstand voneinander halten können. Kurz vor Pontebba wird es lustig, als sich der Radweg sehr interessant unterhalb einer Autobahnausfahrt durchwindet. Pontebba war bis 1919 die Grenzstadt zwischen Italien und Österreich und das sieht man heute noch. Zum einen stehen hier noch alte Grenzsteine und zum anderen ist ein deutlicher Unterschied in der Architektur zu derjenigen der Ortschaften festzustellen, durch die wir vorher gekommen sind. Hier wirkt alles sehr mediterran, urig und gemütlich. Viele andere Radfahrer kehren in eines der lokalen Cafés ein. Wir entscheiden, noch etwas weiter zu fahren, um uns einen schönen Rastplatz zu suchen.

In Pontebba verläuft der Radweg kurzzeitig nicht mehr auf der alten Bahnlinie, sondern quer durch die Stadt. Ist das schon das Ende vom schönen Abschnitt des Pontebbana-Radwegs? Mitnichten, denn was nun kommt ist noch viel schöner: das Tal knickt nach Süden ab und verengt sich deutlich. Das bedeutet: eine fast noch schönere Berglandschaft, viele Tunnel und spektakuläre Blicke auf den Fluss, die Bahnlinie und die beiden Straßen. Direkt hinter einem Tunnel finden wir eine schöne Bank, wo wir es uns für eine Weile gemütlich machen und uns verpflegen. Dabei genießen wir den Blick auf die Landschaft und auf die in recht kurzen Zeitabständen vorbei rollenden anderen Radfahrer. Alex möchte am liebsten selber weiterradeln, fängt an die Pedale der elterlichen Räder zu kurbeln und will auf den Sattel gehoben werden. Auch wenn es heute für ihn nur im Anhänger weiter geht, hoffen wir, dass er diese Freude am Radeln behält.

Einige Tunnel und stillgelegte Behelfshaltestellen später und immer flott bergab kommen wir nach Chiusaforte. Kurz vor dieser Ortschaft überquert die alte Bahnlinie noch einmal spektakulär den Fluss. Die Bar im der alten Bahnhofsgebäude von Chiusaforte scheint ein beliebter Treffpunkt geführter Radtouren zu sein, um die Gruppe wieder zusammenzuführen und allgemein, um zu pausieren. Hier ist auf jeden Fall die Hölle los. Kurz hinter dem Gebäude ist sehr deutlich zu erkennen, dass das hier früher ein recht wichtiger Bahnhof war, denn man sieht noch sehr gut, wo früher die Rangiergleise waren und es steht auch noch eine alte Wassertankanlage für Dampflokomotiven herum.

Immer weiter bergab, weiter durch einige Tunnel, aber es ist nun schon festzustellen, dass wir uns dem Talboden nähern. Es wird deutlich wärmer und zudem weitet sich das Tal immer mehr. Dennoch kommt es sehr überraschend, als kurz hinter Resiutta der schöne Radweg einfach aufhört. Der Pontebbana-Radweg wurde im Laufe der Jahre stückchenweise immer weiter bis zu seinem heutigen Stand ausgebaut und wir würden uns sehr wünschen, dass er irgendwann in ferner Zukunft ab hier noch ein kleines bisschen weiterführt. Es ist nämlich klar zu erkennen, dass die alte Bahnlinie noch über einige Tunnel und Einhausungen weiter nach Carnia führte. Der aktuelle Verlauf vom Radweg nach Carnia dagegen ist alles andere als schön: Über eine sehr umständliche Schleife werden wir einfach auf die SS52, eine große, auch von vielen Lastkraftwagen frequentierte, Landstraße geführt. Wir selber wussten, was auf uns zukommt und nehmen es wie es ist. Aber eine italienischsprachige Radlerin, die uns anspricht, fragt immer wieder nur vollkommen perplex „Autostrada?“.

In Carnia sind die Hauptschwierigkeiten, die recht viel befahrene Straße kurz in Richtung eines Supermarkts zu überqueren und direkt danach über ein Kleeblatt die SS52 wieder zu verlassen. Wer hier nicht höllisch aufpasst, biegt falsch ab und wird in einer Schleife wieder zurück auf die SS52 geleitet. Die Beschilderung ist missverständlich und wir sind dankbar, auf unserem GPS-Gerät die empfohlene Route angezeigt zu bekommen.

Hinter Carna sind wir ein kurzes Stück auf der etwas kleineren SS13 in Richtung Süden unterwegs. Diese wird netterweise - wo möglich – umfahren. Das ist natürlich auch in Venzone möglich, unseren heutigen Zielort. Aufgrund der Lage war diese Ortschaft schon zu Zeiten der Kelten ein wichtiger Grenzort. Auch die Römer waren hier und namentlich erwähnt wurde Venzone schon vor mehr als 1000 Jahren. In der Folge hat die kleine Ortschaft eine wunderschöne Altstadt, in der recht viele Alpe Adria-Radler unterwegs sind. Wie wir später erfahren, ist für recht viele dieser Radler die Reise hier auch schon beendet und es geht mit der Bahn weiter bzw. wieder zurück. Das werden wir auch in den folgenden Tagen feststellen, an denen uns zwar weiterhin viele andere Radler begegnen werden, aber nicht mehr die Massen wie bisher.

Wir hatten eigentlich vor, direkt in der Altstadt von Venzone ein Zimmer zu buchen. Allerdings hat der Kontakt mit den Vermietern nicht funktioniert und zudem haben wir uns gedacht, dass für Alex ein bisschen Natur schöner wäre, als den Abend in einer mittelalterlichen Altstadt zu verbringen. Also haben wir umgebucht, auf einen kleinen Bauernhof direkt außerhalb von Venzone. Pferde, Schaukel und Dreiräder sind hier inklusive. Alex ist begeistert. Einige andere Gäste zeigen uns um einen benachbarten Berggipfel kreisende Geier. Einziger Nachteil dieser Unterkunft ist, dass das Abendessen zu Zeiten serviert wird, die zwar für Erwachsene OK sind, nicht aber für einen/unseren Zweijährigen. Also machen wir einen Spaziergang zu einem direkt an der nicht weit entfernten Bundesstraße gelegenen Restaurant, wo wir zwar fast die ersten Essensgäste sind, aber dennoch eine sehr gute Pizza serviert bekommen. Falls wir Appetit auf heimisches Bier gehabt hätten, hätten wir uns auch an den Beginn unserer Radtour erinnern können, denn es werden topexklusiv alle Sorten Ayinger Bier serviert.

Tageskilometer: 60.9 km, Gesamtstrecke: 477 km


Auf dem Pontebbana-Radweg


Ehemaliger Grenzstein in Pontebba


Verschiedenste Verkehrswege teilen sich das schmale Fellatal


In der Altstadt von Venzone
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