03.06.2022: Berka - Wutha - Wünderlich

Nun bricht schon der letzte Tag unserer Radtour nach Eisenach an. Das Wetter ist gut, diesbezüglich haben wir im Verlauf der Reise – von kleineren Ausnahmen abgesehen - wieder einmal richtiges Glück gehabt. Hinter Gerstungen kommt ein schönes Stück Radweg über einsame Felder, ab Sallmannshausen fahren wir wieder auf einem kleinen Sträßchen. In Lauchröden verlässt der Werratalradweg dieses Sträßchen um einen Schlenker hinüber nach Herleshausen in Hessen zu machen. Die Werra überqueren wir dabei über eine symbolträchtige schmale Brücke, fast kann man das Bauwerk eher als Steg bezeichnen: Die Brücke wurde ursprünglich Ende des 19ten Jahrhunderts errichtet und stellte über viele Jahre eine wichtige Verbindung zwischen Lauchröden und Herleshausen dar. Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Brücke dann von amerikanischen Soldaten gesprengt. Während der deutschen Teilung waren die traurigen Reste der Brücke eine Sehenswürdigkeit. Im November 1989 rissen die Bürger von Lauchröden den dort befindlichen Grenzturm nieder, moralisch unterstützt von ihren westlichen Kollegen aus Herleshausen, die an der Werra demonstrierten. Nur einige Wochen später, am 23. Dezember 1989 wurde ein Holzsteg errichtet und seitdem kommen die Einwohner der beiden Ortschaften jedes Jahr am 23. Dezember an der Brücke zusammen, um ihre eigene kleine Wiedervereinigung zu feiern. An der Brücke gibt es eine Schautafel mit Bildern aus der Historie der Brücke und der beiden Ortschaften. Das Ganze ist tief bewegend und ruft in Erinnerung, was für ein epochales und inzwischen oft als allzu selbstverständlich angesehenes Ereignis der Fall der Mauer doch war.

Um Herleshausen drücken wir uns entgegen der offiziellen Wegführung des Werratalradwegs herum und hinter der Ortschaft biegen wir auch schon wieder in Richtung Thüringern und Werra nach Süden ab. Hier wird die Route noch einmal lustig hügelig. Eine Baustelle in Neuenhof kostet uns etwas Zeit – zum Glück kann man als Radler oft auch etwas früher als ein Auto wieder auf an Baustellen eigentlich gesperrte Streckenabschnitte zurück. Ein entschuldigender Blick zu den dort werkelnden Bauarbeitern reicht dann meistens. Als Nächstes kommen wir nach Hörschel. Diese Ortschaft ist der Startpunkt des Rennsteigs, eines bekannten und berühmten Wanderwegs, welcher über 170 Kilometer durch den Thüringer Wald das Thüringer Schiefergebirge und den Frankenwald führt. Der Rennsteig ist der meistbegangene Fernwanderweg Deutschlands. Da wir sehr viel Zeit haben, besuchen wir den großen Spiellatz am Informationspunkt zum Rennsteig. Dieser Spielplatz ist aber, obwohl eigentlich nett gestaltet und angelegt, nicht sonderlich spannend. Spannender ist es, die auf der nahegelegenen Eisenbahnstrecke entlangratternden Züge zu beobachten, die Autos auf der hoch über uns aufragenden Brücke der Autobahn A4 sowie die Ziegen, die in einen direkt am Spielplatz gelegenen Garten äsen. Dennoch brechen wir bald wieder auf.

Hinter Hörschel verlassen wir den Werratalradweg, um auf einem schön angelegten Radweg größtenteils durch den Wald direkt nach Eisenach zu radeln. Das erste Stück dieses Radwegs ist geschottert und es geht ziemlich steil bergauf. Hier hat Dirk zum ersten und einzigen Mal im Verlauf der Tour das Problem, dass aufgrund des Gewichts vom Anhänger, der Steigung und das losen Untergrunds das Antriebsrad durchdreht. Hier hat er also eine gute Ausrede, abzusteigen und ein Stück zu schieben. Im weiteren Verlauf  nähern uns deutlich erkennbar den Ausläufern von Eisenach, zuerst erkennbar am Klärwerk, später an den großen Fabrikgebäuden von Opel und diversen Zulieferbetrieben. Und schon aus einiger Entfernung sehen wir die über der Stadt thronende Wartburg.

Nachdem der Spielplatz in Hörschel nicht so der Hit war und wir noch viel Zeit haben, machen wir einen längeren Halt am ersten Spielplatz, den wir in Eisenach finden, direkt am Ortseingang. Danach fahren wir direkt ins Zentrum und dort zunächst zum Büro unserer Autovermietung. Da wir unseren Mietwagen für die Rückfahrt am Pfingstmontag abholen wollen, an diesem Tag die Abholstation aber offiziell geschlossen hat, haben wir eine Schlüsselübergabe für heute abgemacht. Die junge Dame am Schalter ist sehr planlos und mehrfach scheitert das Abbuchen der Kaution. Einem Zettel mit den markierten Schäden am Fahrzeug gibt es nur auf explizite Nachfrage und eine Fahrzeugbesichtigung dann gar nicht. Dirk schaut sich das Fahrzeug ausgiebig selber an, kommt dabei aber nicht auf die Idee, dass in einem Transporter auch Schäden im Laderaum vermerkt werden. Das wird uns später noch Probleme bereiten. Wir haben daraus gelernt und können diese Filiale eines großen und bekannten Vermieters definitiv nicht weiterempfehlen.

Weiter geht es in den historischen Teil von Eisenach. Am schönen Marktplatz mit der Georgenkirche gibt es eine prima Eisdiele, vor allem Alex ist begeistert. Es ist das allererste Mal, dass er Speiseeis probieren darf. Wir werfen noch einen Blick auf den Lutherplatz mit dem Lutherhaus (eines der ältesten erhaltenen Fachwerkhäuser Thüringens. Hier wohnte Luther zwischen 1498 bis 1501 während seiner Schulzeit) und auf das Bachhaus (hier wurde 1685 Johann Sebastian Bach geboren). Eisenach ist definitiv eine schöne und lohnenswerte Stadt.

Wir sind ja auf dem Weg um gute Freunde zu besuchen und brechen daher nach einiger Zeit wieder auf. Wir müssen nach Wutha, eine nur ein paar Kilometern entfernte kleine Ortschaft. Dorthin geht es nochmal ein wenig bergauf, doch etwas Zeit und einige Schweißperlen später sind wir am Ziel angelangt. Über den darauffolgenden Besuch wollen wir hier nicht viele Worte verlieren, sondern uns nur noch einmal bei unseren Gastgebern für die tolle Gastfreundschaft und die schönen Tage bedanken. Über die Heimfahrt haben wir ja oben schon geschrieben. Alles in allem sind wir sehr froh, dass sich Alex nach kleineren Problemen zu Beginn prima an den Rhythmus des Radfahrens gewohnt hat. Das eröffnet tolle Möglichkeiten, denn wir haben für 2022 noch ein paar Urlaubstage übrig…